Kommentar von Paul Linker – Frankfurt. Das Aktionsbündnis Sand im Getriebe hat am Wochenende gegen die Internationale Automobilausstellung (IAA) vom 12. bis zum 15. September in den Frankfurter Messehallen vielfältig und kreativ protestiert. Im Fokus der Kritik standen die auf der IAA präsentierten sogenannten „Sport Utility Vehicle“ (SUV), die nur allzu bekannten spritfressenden Monstervehikel, die bedrohlich auf den Straßen cruisen.
Kein Segment der deutschen Autoindustrie ist in den letzten Jahren stärker gewachsen als das dieser „Stadtgeländewagen“. Es beschert Konzernen wie VW, BMW oder Daimler einen exorbitanten Proftit, der wohl nur von Rüstungsgeschäften übertroffen wird, an denen dieselben Konzerne federführend beteiligt sind.
Im August 2019 stellten SUV-Fahrzeuge mit über 22 Prozent zum ersten Mal die größte Fahrzeugklasse bei den Neuzulassungen. Über eine Million dieser Stadtpanzer wurden in diesem Jahr angemeldet. Gerade diese Fahrzeuge mit ihrer enormen Motorleistung und dem damit verbundenen Kohlendioxid-Ausstoß haben einen erheblichen Anteil am Klimawandel.
Ob ein panzerähnlicher SUV für den einheimischen Psychopathen oder echte Panzer für Diktaturen wie in der Türkei oder in Saudi-Arabien für die dortigen Psychopathen – das ist den Konzernlenkern einerlei. Wenn der Profit stimmt, scheut der Kapitalist auch den Galgen nicht.
Für das Aktionsbündnis war das Ziel der mehrtägigen Proteste, den Ablauf der weltgrößten Automobilmesse nachhaltig zu stören, um damit ein deutliches Zeichen gegen das zerstörerische Verkehrssystem zu setzen. Wie Sand im Getriebe betont, sei ein echter Wandel hin zu einem klimafreundlichen Verkehr nur gegen die Profitinteressen der Autokonzerne möglich. Wenn sich diesen Konzernen niemand in den Weg stelle, würden sie von der Bundesregierung treu unterstützt, so weiter zu machen wie bisher.
Schon am Samstag haben zirka 25 000 AktivistInnen vor den Toren der Messehallen für eine rasche Verkehrswende und den Kimaschutz demonstriert. Teil dieses Protestes war eine Fahrradsternfahrt mit 18 000 TeilnehmerInnen auf 13 verschiedenen Routen auf mehr als 500 Kilometern Strecke.
Am Sonntag blockierten dann mehrere hundert AktivistInnen schon ab den frühen Morgenstunden ganztägig die Eingänge City, Torhaus und Portalhaus sehr effektiv, flexibel und friedlich. Den Besuchern der IAA gelang es nur mit waghalsigen Turnübungen und Verrenkungen, über die friedlich am Boden sitzenden AktivistInnen zum Ziel ihrer Begierden zu gelangen, was manchmal sehr lustig aussah, manchmal aber auch mit einem deutlich aggressiven Auftreten ob dieser unerwünschten Störung bei vorrangig männlichen Besuchern verbunden war.
Die in großer Zahl mit entsprechender Schutzausrüstung (auf einem Parkplatz neben der Messe stand etwas verschämt versteckt mindestens ein Wasserwerfer) aufgebotenen Cops traten gesittet auf. Auf sonst übliche Übergriffe auf DemonstrantInnen wurde verzichtet. Vermutlich wurden die PolizistInnen von höherer Stelle zur Vermeidung von unschönen Bildern verprügelter AktivistInnen zurückgepfiffen.
Ihre Hauptaufgabe bestand darin, ungehaltene Besucher durch die Linien der Blockierenden zu schleusen. Dabei konnte schon einmal, selbstverständlich nur aus Versehen, auf eine Hand getreten werden. Wer sich aber an die Bilder von Blockupy in Frankfurt erinnert, für den war dies im Vergleich schon ein sehr harmloses Auftreten.
Die Proteste von diesem Wochenende waren auf jeden Fall ein gelungener Einstieg in die bevorstehende Aktionswoche des Klimastreiks.
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