Stuttgart. Im Zug der Corona-Pandemie wird aktuell über eine bundesweite so genannte Ausgangssperre diskutiert, und in Bayern und dem Saarland wurde sie sogar schon verhängt. Zentrale Grund- und BürgerInnenrechte wie die Versammlungs- und Bewegungsfreiheit wurden in den letzten Wochen außer Kraft gesetzt, die Entscheidungsbefugnisse der Parlamente teilweise ausgeschaltet. Die Rote Hilfe warnt vor den Konsequenzen.
In allen Bundesländern wurden schon vor dem Wochenende weitgehende Beschränkungen erlassen, die zum Teil über das bundesweit verhängte Kontaktverbot hinausgehen und sich täglich ändern. Aus Sicht der Roten Hilfe ist es erschreckend, dass absolut unklar sei, wie lange dieser faktische Ausnahmezustand anhalten soll – und ob die Regierung die Absicht hat, demokratische Rechte nach dem Abklingen der Pandemie wieder in vollem Umfang herzustellen.
Es sei zu befürchten, dass die Situation schamlos genutzt werde, um elementare Freiheiten dauerhaft zu beschneiden, mühselig erkämpfte Rechte abzuschaffen und den autoritären Sicherheitsstaat weiter auszubauen, indem beispielsweise der Bundeswehreinsatz im Inneren als Normalität etabliert werde. Die Ausgangssperre stelle in dieser Situation nochmals einen neuen Höhepunkt dar.
Corona ist „absolut ernstzunehmen“
Anja Sommerfeld, Mitglied im Bundesvorstand des Vereins Rote Hilfe, wendet sich auch in Zeiten einer noch unbekannten Pandemie entschieden gegen die Aufgabe von Grund- und Freiheitsrechten: „Die Ausbreitung des Corona-Virus ist absolut ernstzunehmen. An der Notwendigkeit, persönliche Kontakte einzuschränken und wo es möglich ist, zuhause zu bleiben, besteht kein Zweifel.“
Nichtsdestotrotz wendet sich die Rote Hilfe gegen eine aktuell diskutierte bundesweite Ausgangssperre, denn diese sei bisher ein Mittel von Militärdiktaturen, um gegen die Opposition vorzugehen. Nicht umsonst habe eine ganze politische Generation 1968 – „leider erfolglos“ – gegen die Notstandsgesetze gekämpft.
Gefährlicher Grundrechtseingriff
Die Diskussion um eine Ausgangssperre sei gefährlich, da dieser „massive Grundrechtseingriff“ weder zeitlich begrenzt noch genau definiert sei. Er könne den Herrschenden zusätzliche Repression ermöglichen, um auch später gegen die linke Opposition vorzugehen, so die Rote Hilfe: „Es stellt sich auch die Frage, wer eine solche Ausgangssperre durchsetzen soll, denn bereits jetzt sitzt die Bundeswehr in den Krisenstäben.“
Statt Grundrechte einzuschränken fordert Sommerfeld Solidarität mit Schwächeren: „Unsere Perspektive ist die Solidarität mit Betroffenen und Risikogruppen, und wir wissen, dass bereits viele unserer Mitglieder in der konkreten Hilfsarbeit tätig sind (siehe „Solidarität in Zeiten von Corona„). Gleichzeitig ist gerade jetzt unsere Solidaritätsarbeit besonders wichtig. So fordern wir die sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen, die Aussetzung politisch motivierter Verfahren wie den KommunistInnenprozesses gegen vermeintliche Mitglieder der TKP/ML in München und die Öffnung der Abschiebegefängnisse, in denen Geflüchtete ohne Rechtsgrundlage einsitzen„.
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