Von Sahra Barkini – Stuttgart. Etwa 600 TeilnehmerInnen besuchten am Donnerstag, 10. September, eine Kundgebung. „Moria brennt – Evakuierung aller Lager. Jetzt“ auf dem Kleinen Schlossplatz in Stuttgart. Zu der Versammlung hatten das Offene Treffen gegen Krieg und Militarisierung (OTKM) und die Seebrücke Stuttgart aufgerufen. Nach mehreren Redebeiträgen, die sich mit den verheerenden Bränden vom vergangenen Mittwoch befassten, formierte sich eine Spontandemonstration zum Landtag, die sich dort nach einer kurzen Kundgebung auflöste.
Anfang der Woche war das Geflüchtetencamp Moria auf Lesbos nahezu vollständig abgebrannt. Ein Camp, das ursprünglich für knapp 2800 Menschen konzipiert wurde, war zuletzt mit 13 000 Menschen belegt. Ohne ausreichend sanitäre Anlagen oder medizinische Einrichtungen waren die Menschen dort eingepfercht. Nun brach dort auch noch Covid-19 aus.
Vor einem Ausbruch der Pandemie in diesem Lager war seit März immer wieder gewarnt worden. Inzwischen sind 35 Menschen infiziert. Das Virus, das die ganze Welt in Atem hält, kann sich unter den miserablen Bedingungen ungehindert weiterverbreiten. Seit dem Brand leben die Menschen auf der Straße. Die griechische Polizei verhindert, dass Hilfslieferungen zu den Geflüchteten gelangen. Die Polizei setzt immer wieder Tränengas ein, und die Gefahr von Übergriffen durch Rechtsextreme steigt. Zudem dürfen HelferInnen nicht in die Supermärkte.
Dies und die Haltung der EU kritisierten die RednerInnen. Sie forderten die Bundesregierung auf, die Menschen aus ihren Elend zu befreien. „Wir haben Platz“ – dieser Ruf schallte mehrmals über den kleinen Schlossplatz. Eine Rednerin des OTKM sagte: „Ob das Feuer von BewohnerInnen des Lagers oder der Insel Lesbos gelegt wurde, ist unklar. Es ist auch egal, denn diese Katastrophe ist das Produkt der Politik der EU und Deutschland. Sie haben nicht nur jahrelang weggeschaut, sondern den Zustand durch stetige Abschottung der Grenzen, durch schmutzige Deals mit der Türkei oder Libyen herbeigeführt und bereitwillig in Kauf genommen. Alles, damit Geflüchtete um jeden Preis aus Europa ferngehalten werden“.
Weiter sagte sie: „Das Leid an den europäischen Außengrenzen ist kein Scheitern irgendwelcher gesetzter Werte Europas. Es ist Ergebnis des imperialistischen Projekts EU, das nach innen die Grenzen liberalisiert, für freien Fluss von Waren und billige Arbeitskräfte, und nach außen brutal abschottet“.
Ein Vertreter von Migrantifa Stuttgart sagte: „Die EU und die BRD machen keine Fehler in Bezug auf die Geflüchteten aus Moria. Es ist ihr Kalkül. Menschen sollen lieber sterben, als dass die Grenzen geöffnet werden. Evakuierung, Aufnahme und ein menschenwürdiger Umgang mit den Geflüchteten und zwar sofort! Schluss mit der Abschottungspolitik, offene Grenzen jetzt!“
Nach der Kundgebung formierte sich eine Spontandemonstration über die Königstraße und Bolzstraße in Richtung Landtag. Diese löste sich nach einer kurzen Kundgebung auf. Die InitiatorInnen kündigten aber weitere Kundgebungen an.
Am Freitag wurde bekannt, dass Innenminister Horst Seehofer Bereitschaft zeigt, 100 bis 150 Kinder aus dem Elendslager aufzunehmen. Allein der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn signalisierte bereits, dass die Stadt 200 Kinder aufnehmen würde.
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