Von unseren ReporterInnen – Berlin. Demonstrative Einigkeit an der Gedenkstätte der Sozialisten, dennoch Gräben: Der Streit über Kurs, Personalien und Konzepte der Linken setzte sich auch am Luxemburg-Liebknecht-Wochenende fort. Dennoch legten die Partei- und Fraktionsspitze und Vertreter verschiedener Gliederungen der Linken am Sonntagmorgen, 14. Januar, wie üblich gemeinsam am Mahnmal in Friedrichsfelde Kränze nieder und umrundeten das Rondell – ebenso Vertreter der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Viele tausend Menschen pilgerten den Vormittag über trotz Kälte zu der Gedenkstätte. Die meisten legten rote Nelken nieder. Ebenfalls Tausende – allerdings wohl etwas weniger als im Vorjahr – beteiligten sich an der Luxemburg-Liebknecht-Demonstration. Zu ihr hatte ein breites Bündnis linker Gruppen und Parteien aufgerufen (siehe „Solidarität bleibt international“).
Sie begann am Frankfurter Tor und endete an der Gedenkstätte. Noch vor dem Fronttransparent fuhr ein Lautsprecherwagen, so dass die Demonstration von revolutionären Liedern begleitet wurde. Gleich hinter dem Fronttransparent waren Fahnen der Linken, der DKP, der VVN und von antifaschistischen Organisationen zu sehen.
Polizei beanstandet Fahne
Der Demozug wurde von einer großen Zahl von Polizeifahrzeugen und uniformierten Beamten – teils in Kampfmontur – begleitet. In der Nähe der U-Bahn-Station Frankfurter Allee gab es einen Zwischenfall: Polizisten brachen in den Demozug ein, um drei TeilnehmerInnen festzunehmen. Sie sollen entweder eine Fahne mit dem Porträt des Kurdenführers Abdullah Öcalan oder der syrisch-kurdischen YPG gezeigt haben. Die PKK gilt in Deutschland ganz im Sinn des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan auch weiterhin als „terroristische Vereinigung“. Ein weiterer Festnahmeversuch scheiterte am geschlossenen Auftreten der DemonstrantInnen.
An der Zufahrtsstraße zum Zentralfriedhof waren wie üblich Stände mit Zeitungen, Büchern und Infomaterial aufgebaut. Ebenso gab es Imbiss- und Glühweinbuden. Auf dem Platz vor dem Eingang zur Gedenkstätte hatten sich am frühen Morgen Mitgliedern der Parteiführung der Linken getroffen. Kränze und Gestecke mit roten und orangefarbenen Blumen und passenden Inschriften lagen bereit.
Auch Wagenknecht und Lafontaine beim gemeinsamen Gedenken
Journalisten verfolgten mit Fotoapparaten und Kameras das Eintreffen und den Small-talk der Parteiprominenz. Auch die deutsch-französische Journalistin und Antifaschistin Beate Klarsfeld, die 2012 für die Linke als Bundespräsidentin kandidierte, war gekommen. Die Beteiligten hatten schon zum gemeinsamen Abmarsch Aufstellung genommen, als auch die Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht und ihr Mann Oskar Lafontaine zum gemeinsamen Gedenken eintrafen.
Der frühere Vorsitzende der Linken und zuvor der SPD hatte eine neue, parteiübergreifende Sammlungsbewegung von Mitgliedern der Linken, der SPD und der Grünen vorgeschlagen, wie sie sich in Frankreich um den Präsidentschaftskandidaten Jean-Luc Mélenchon gebildet hat. Sahra Wagenknecht hatte in einem am Samstag veröffentlichten „Spiegel“-Interview nachgelegt und damit für weitere Irritationen gesorgt. Viele in der Partei werten den Vorstoß als Aufruf zur Gründung einer Konkurrenzorganisation.
Klare Absage von Gregor Gysi
Am Sonntag mühten sich die Beteiligten erkennbar, die Wogen zu glätten. Zum Jahresauftakt des Parteivorstands am Freitagabend in der „Kulturbrauerei“ kam allerdings mit Dietmar Bartsch nur ein Teil der Fraktionsspitze, nicht jedoch Sahra Wagenknecht (siehe „Die Linke will Sammlungsbewegung bleiben„). Umgekehrt blieben die Parteivorsitzenden Bernd Riexinger und Katja Kipping dem gut besuchten Jahresauftakt der Fraktion am Sonntagnachmittag im Kino Kosmos fern, wo unter anderem Mélenchon sprach (unser Bericht folgt).
Dort gab es einen denkwürdigen gemeinsamen Auftritt von Oskar Lafontaine und Gregor Gysi. Als Vorsitzender der Europäischen Linken erteilte Gysi, der am Dienstag, 16. Januar, den 70. Geburtstag feiert, unter tosendem Beifall allen Vorstellungen von nationalen Alleingängen eine Absage – und ebenso der Idee einer weiteren Sammlungsbewegung: „Die Linke braucht vieles – aber ich finde, keine neue Partei.“
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