Der Arbeitskreis Grundrechte richtet sich gegen die massiven Grundrechtsverletzungen, die im Zuge der Proteste gegen den “Wiener Akademikerball” stattgefunden haben und nach wie vor stattfinden. Der Jenaer Student Josef S. wird mit zweifelhafter Begründung seit nunmehr zwölf Wochen in Untersuchungshaft gehalten.
In einem Offenen Brief an den Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter ruft der Arbeitskreis dazu auf, diesen unhaltbaren Zustand zu beenden und fordert dazu auf, nachhaltig dafür zu sorgen, dass österreichisches Recht eingehalten wird. „Josef, der mit rechtlich fragwürdigen Argumenten inhaftiert bleibt, hat sofort freigelassen zu werden und die übertriebenen Ermittlungen gegen bis zu 500 DemonstrationsteilnehmerInnen gehören eingestellt“, fordert der Arbeitskreis Grundrechte.
„Offener Brief an den Bundesminister für Justiz
Dr. Wolfgang Brandstetter
Bundesministerium für Justiz
Museumstr 7
1070 Wien
Sehr geehrter Herr Dr. Brandstetter,
man muss nicht mit dem Verlauf der Demonstrationen, ja nicht einmal mit den Inhalten der Proteste, gegen den Akademikerball sympathisieren, um zu dem Schluss zukommen: Jede/r BürgerIn hat das Recht auf Demonstrationsfreiheit und rechtsstaatliche Behandlung. Das schließt insbesondre die Unschuldsvermutung mit ein – eigentlich eine Selbstverständlichkeit in einer Demokratie. Denn Demokratie lebt vom zivilgesellschaftlichen Engagement, der Bereitschaft zum Widerspruch und der Einhaltung elementarer rechtsstaatlicher Grundsätze seitens der staatlichen Organe.
Deshalb nehmen wir mit Bestürzung die verschiedenen Berichte über Polizeigewalt (derStandard,25.01.2014) sowie über die Misshandlungen von festgenommen DemonstrantInnen (Vice, 14.03.2014) zur Kenntnis und fordern rechtsstaatliche Aufklärung. Es kann nicht sein, dass Menschen, die in Österreich gegen eines der größten rechtsradikalen Vernetzungstreffen Europas demonstrieren Angst um ihre körperliche Unversehrtheit haben müssen. Bisher sind jedoch keine wahrnehmbaren Schritte seitens der Exekutive unternommen worden, um diese Vorfälle aufzuklären.
Vor diesem Hintergrund fordern wir die Freilassung des inhaftierten Antifaschisten Josef S., denn es gibt berechtigte Zweifel, dass die polizeilichen Anschuldigungen gegen Josef überhaupt der Wahrheit entsprechen. Darüber hinaus erwecken die Umstände seiner Inhaftierung und die richterliche Begründung für seine Untersuchungshaft den Eindruck, dass es hier weniger um Strafverfolgung als darum geht, aus politischen Gründen ein Exempel zu statuieren. Das ist einem Rechtsstaat unwürdig.
Trotzdem sitzt Josef nun schon seit über 2 Monaten in Untersuchungshaft. Er wird mit der Begründung der „Tatbegehungsgefahr“ festgehalten. Dies erscheint absurd, wenn man bedenkt, dass der nächste Akademikerball wahrscheinlich erst in einem Jahr stattfinden wird und zum anderen das Josef bisher noch nie auf einer Demonstration in Österreich aufgefallen ist. Beim besten Willen können wir auch nicht nachvollziehen weshalb nach über zwei Monaten noch eine „Verdunklungsgefahr“ bestehen soll.
Ein junger Mensch darf kein „Bauernopfer“ für einen misslungenen Polizeieinsatz sein. Niemand darf im Strafvollzug gehalten werden, weil man sonst niemanden anderen hat ausfindig machen können. Es gilt im Zweifel die Unschuldsvermutung.
Deshalb fordern wir, dass Josef S. aus der Untersuchungshaft entlassen wird und die Fälle von Polizeigewalt im Kontext der Demonstrationen am 24. Jänner umfassend aufgeklärt werden.
Hochachtungsvoll,
Der Offene Brief kann hier unterzeichnet werden.
Über die Rote Hilfe Jena kann Josef angeschrieben werden.
Weitere Informationen gibt es über die Seite des Solikreises.
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