Von Christian Ratz – Frankfurt. Die Initiative „Afghan Refugees Movement“ rief mit Unterstützung weitere Organisationen für Montagabend, 23. Januar, zu einer Protestkundgebung im Terminal 1 des Fraport in Frankfurt auf, da eine weitere Sammelabschiebung nach Afghanistan drohte. Sie wollte auf die menschenverachtende Abschiebepraxis der verantwortlichen Regierungsstellen und Behörden aufmerksam machen. Etwa 200 Menschen zeigten Solidarität – unter ihnen auch Janine Wissler, Vorsitzende der hessischen Landtagsfraktion der Linken.
Die Organisatoren wollten auch um Solidarität und Mithilfe zum Schutz weiterer bundesweit von Abschiebung bedrohter Betroffener in ein Land im Kriegszustand werben.
Bereits in der Vorwoche hatten sich Hinweise verdichtet, dass es nach dem ersten Abschiebeflug am 14. Dezember von Frankfurt nach Afghanistan einen zweiten geben könnte.
Die Behörden hielten sich mit Informationen bedeckt. Erst am Montag, 23. Januar, wurde die Bestätigung, welche zunächst Pro Asyl erhielt, über soziale Netzwerke verbreitet: Bis bis zu 50 Personen könnten von der Abschiebung betroffen sein. Der Flieger nach Kabul (Afghanistan) werde am späteren Montagabend abheben.
26 Männer von der Sammelabschiebung betroffen
Nach übereinstimmenden Medienberichten betraf dieser zweite Abschiebeflug auch afghanische Migranten, die teilweise schon seit Jahren perfekt integriert in Deutschland leben, etwa einen Arbeitsplatz haben. Wie bei der ersten „Rückführung“ im Dezember 2016 befanden sich unter den Abgeschobenen auch Straftäter.
Die von der Abschiebung betroffenen Menschen sollen hauptsächlich aus Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen gekommen sein. Einer der ausgewiesenen Afghanen war nach der Ankunft in Kabul am Dienstag so schwer erkrankt, dass er das Flugzeug nicht verlassen durfte und nach Deutschland zurück gebracht wurde.
Starker Protest gegen deutsche Abschiebepraxis
Bei der Protestkundgebung mit verschiedenen Stationen im Terminal 1 des Flughafens Fraport wurden die Ansprachen bei Bedarf auch in die deutsche Sprache übersetzt. Sämtliche SprecherInnen machten klar, dass Afghanistan keine Sicherheit für die dorthin zurückgeführten Menschen bieten kann. Ein Land, das sich in einem kriegsähnlichen Zustand befindet und von ausländischen militärischen Schutztruppen – auch aus Deutschland – befriedet werden muss. Ihre Forderung lautete: Stoppt die Abschiebungen nach Afghanistan.
Kritisiert wurde des Weiteren, dass die Bundesregierung einerseits eine Reisewarnung für Afghanistan ausgesprochen und andererseits der afghanischen Regierung zusammen mit der EU ein Abkommen aufgezwungen hat, das diese Rückführungen ermöglicht. Regierungsstellen in Kabul zeigten sich am 24. Januar erneut irritiert über mangelnde Vorabinformationen zu den zurückgeführten Personen.
Weiterer Protest angekündigt
Große Besorgnis wurde wegen vermutlich in naher Zukunft von Abschiebung betroffener Sikh- und Hindu-Familien geäußert, da diese im umkämpften und instabilen Afghanistan besonderen Repressalien ausgesetzt seien (siehe „Über 2000 Menschen fordern Abschiebestopp„).
Am Samstag, 11. Februar, soll es vor dem Landtag in Wiesbaden eine Protestdemonstration geben. Ziel soll es sein, dem Kurs des Bundesinnenministeriums beim Thema Abschiebungen nach Afghanistan klar entgegenzutreten und die Ängste in Teilen der Bevölkerung wegen rassistischer Stimmungen aus bestimmten Lagern ernst zu nehmen. Zitat aus einem Flugblatt, welches am Fraport verteilt wurde: „All people around the world know Afghanistan is not safe. We wouldn’t leave our country and relatives, if it would be safe.“ Übersetzt: „Die ganze Welt weiß, dass Afghanistan nicht sicher ist. Wir hätten unser Land und unsere Verwandten nicht verlassen, wenn es dort sicher wäre.“
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