Kommentar von Ferry Ungar – Göppingen. Die Filmvorführungen von „Blut muss fließen – Undercover unter Nazis“ wären grundsätzlich eine gute Sache gewesen (wir berichteten), hätte es da nicht einen mehr als befremdlichen Umgang mit zwei Mitgliedern der AfD gegeben. Die beiden AfD-Vertreter waren unter den Zuschauern der Vorführung in Göppingen und wurden von den Veranstaltern mit Handschlag begrüßt. Die Filmvorführung war von der Linken und der Linksjugend Solid organisiert worden. Da stellt sich nun schon die Frage: Ist die AfD bei Linken erwünscht? Was kommt als nächste Überraschung?
Am Eingang der Veranstaltungsorte hatten die Veranstalter ein Plakat aufgehängt mit dem Hinweis, dass Rechte und Neonazis ausgeschlossen seien. Die AfD gehörte nicht zu den aufgeführten Organisationen.
In Göppingen befanden sich ein Mitglied der AfD und der Kreisvorsitzende der Partei Sandro Scheer im Publikum. Beide AfDler beteiligten sich auch an der Diskussion. Der Stadtrat der Linken Christian Stähle versuchte zu kontern. Er und der Bundestagskandidat der Linken Konstantinos Katevas hatten die beiden AfD-Vertreter per Handschlag begrüßt, und sie wurden auch in der Einleitung erwähnt.
Am Ende der Veranstaltung betonte das AfD-Mitglied, dass sie (die AfD Göppingen) bei der nächsten Demonstration gegen Neonazis mitlaufen würden.
Die AfD erklärt ihre Sicht der Dinge. Nein, das ist nicht auf einer Veranstaltung ihrer Partei, das ist bei der Linkspartei in Göppingen.
Ja geht´s noch, Herr Stähle? Mit einer Partei wie der AfD geht man nicht auf Kuschelkurs!
Es gab Zeiten, die noch nicht so lange zurück liegen, da hätte man als Partei-Linker den Herrschaften der AfD niemals die Hand gereicht. Selbst für manche aus der SPD und von den Grünen war es undenkbar, diesen Rechtsradikalen auch nur die Hand zu geben – von mit ihnen Reden ganz zu schweigen.
Bei Demonstrationen der rückwärtsgewandten Bildungsplangegner – der sogenannten „Demo für alle“ – hetzten AfD-Vertreter in Stuttgart in den ersten Reihen gegen Homosexuelle (wir berichteten laufend). Sie verbrüderten sich teilweise offen mit Neonazis vom ganz rechten Rand. Parteilose AntifaschistInnen und Mitglieder der Linkspartei stellten sich diesem ekelhaften Gemisch aus Neonazis, Fundamentalchristen, Rechtsradikalen, Homohassern und anderen gestörten Gestalten gemeinsam entgegen. Man war sich in der linken Szene einig, wie man mit diesen Leuten umzugehen hat.
An Demonstrationen gegen Parteitage der AfD in Baden-Württemberg beteiligten sich auch viele Mitglieder der Linken. Einige beteiligten sich zusammen mit anderen AntifaschistInnen auch an Blockadeversuchen (wir berichteten).
Nicht wenige parteilose AntifaschistInnen zeigten offen ihre Sympathie für die Partei Die Linke. Viele erklärten vor der letzten Landtagswahl, dass sie ihre Stimme der Linkspartei geben. Nicht wenige sahen das auch so in Bezug auf die bevorstehende Bundestagswahl im September.
Ist die Göppinger Linkspartei eigentlich von allen guten Geistern verlassen?
Und was macht die Linkspartei nun in Göppingen? Sie rollt diesen Wegbereitern und Steigbügelhaltern der extremen Rechten den roten Teppich aus. Sie begrüßt diese Vertreter einer Partei, die in ihren Reihen offen auftretende Neonazis beherbergt, freundschaftlich und diskutiert mit ihnen, als ob es sich bei der AfD um eine ganz normale Partei handeln würde. Ja selbst die Ankündigung dieser Rechtsradikalen, sie würden bei der nächsten Demo gegen Neonazis mitlaufen, blieb unwidersprochen. Ist die Göppinger Linkspartei eigentlich von allen guten Geistern verlassen?
Beruhigend an all dem ist die Tatsache, dass die Göppinger Linkspartei ganz sicher nicht entscheiden wird, wer auf einer Demonstrationen gegen Neonazis läuft. Ich wette hundert zu eins, dass die AfD ganz sicher nicht auf einer Demonstration durch Göppingen laufen wird, die von AntifaschistInnen organisiert wurde.
Wäre ich mir nicht sicher, dass die weit überwiegende Zahl der Mitglieder der Partei Die Linke und deren FunktionsträgerInnen diese Umgangsform mit der AfD zutiefst ablehnen, wäre ich im Zweifel, ob die Linkspartei wählbar ist. Ich hoffe, ich täusche mich nicht. Verunsichert bin ich schon ein wenig. Und ganz sicher nicht nur ich. Stähle und Co. sei Dank!
- Christian Stähle, DIE LINKE
- AfD-Mitglied und der Kreisvorsitzende der AfD Sandro Scheer (rechts)
- Thomas Edtmaier, DIE LINKE
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