Von Meide Wolt – Stuttgart. Zum Auftakt der Beratungen über den Doppelhaushalt 2018/2019 der Stadt Stuttgart organisierte ein breites Bündnis ziviler Organisationen eine Kundgebung mit 350 Teilnehmenden vor dem Stuttgarter Rathaus. Unter dem Motto „Ihr spart uns kaputt und krank“ kritisierten die Initiativen den Umgang der Stadtverwaltung mit den zur Verfügung stehenden Mitteln. Die Verabschiedung des Haushalts ist am 15. Dezember geplant.
Guntrun Müller-Enßlin, Stadträtin für Stuttgart Ökologisch Sozial (SÖS), berechnete den finanziellen Bedarf aller Kultureinrichtungen in Stuttgart auf 6 Millionen Euro. Dies sei im Vergleich ein „gradezu lachhafter Betrag“. Die Stadt verfüge über Rücklagen von hunderten Millionen Euro. Gleichzeitig werde mit dem Bau der Oper, der 10 Millionen kosten soll, ein nächstes Großprojekt in der Stadt umgesetzt. „Damit spielt man die verschiedenen Kulturbereiche gegeneinander aus und bringt eine Neiddebatte hervor“, so Müller-Enßlin.
Cuno Brune-Hägele, Geschäftsführer der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi in Stuttgart, kritisierte, dass die Stadt 2016 nur 32 neue Stellen geschaffen habe, obwohl sie 231,1 Millionen Euro übrig hatte. Dabei fehlten allein 200 ErzieherInnen in Stuttgart. Brune-Hägele sagte mit Blick auf die steigende Arbeitsbelastung: „Verdi fordert 100 Millionen Euro für Personal in Stuttgart, damit die Arbeitsverdichtungen aufgehoben werden“.
Hannes Rockenbauch, Vorsitzender der Fraktionsgemeinsachft SÖS Linke PluS, sagte zu den Rahmenbedingungen der Haushaltsdebatte: „Das Problem ist, dass es nicht an den Ursachen ansetzt“. Die Mittel, über die entschieden werden könne, seien zu klein, um tiefgreifende Veränderungen auszulösen.
Die Schülerinnen der freien Waldorfschule Uhlandshöhe Maga und Leona forderten einen Ausbau und kostengünstigen Zugang zum Bahnverkehr. „Wir haben es satt, dass unsere Lungen für eure Autos herhalten müssen“, sagten die beiden Schülerinnen.
Osan Adda forderte die kostenlose Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel für alle SchülerInnengruppen in Stuttgart. „Lasst uns einfach losfahren“, so Adda, der beklagte, dass ein entsprechender Antrag bei den Haushaltsberatungen seit 2006 immer wieder abgelehnt wurde.
Peter Erben vom Verein Fuß forderte, der „individuelle Motorverkehr muss überflüssig werden“. Investitionen sollten dagegen in den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs fließen.
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Ursel Beck, von der Mieterinitative machte darauf aufmerksam, wieviele Wohnungen in Stuttgart abgerissen, neu gebaut und teurer vermietet werden: „In ausgewiesenen Sanierungsgebieten übernimmt die Stadt sogar die Abrisskosten. Das ist nichts anderes als städtische Beihilfe zur Vernichtung von bezahlbaren Wohnungen“, so Beck.
Gisela Vomhof, sprach für die Initiative Reiche Stadt – arme Kinder über den Zustand der Schulgebäude in Stuttgart und beklagte: „Sanierungen werden weit Hinausgeschoben.“ Dagegen fordere sie ein kostenloses Mittagessen für alle SchülerInnen.
Die Debatte über den Haushalt fand im Verwaltungsausschuss statt und wurde live und zum Nachhören im Internet übertragen. Zahlreiche TeilnehmerInnen gingen im Anschluss an die Kundgebung ins Rathaus und nahmen als Zuschauer an der Sitzung teil.
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