Von Sahra Barkini – Stuttgart. Rund 250 Nazi-GegnerInnen folgten am Sonntag, 24. Mai, einem Aufruf des Bündnisses „Stuttgart gegen Rechts“ und protestierten in der Stuttgarter Innenstadt mit Mund-Nasen-Schutz und Mindestabstand gegen eine Kundgebung der AfD. Der Verwaltungsgerichtshof hatte sie erst am Vortag unter strengen Auflagen mit höchstens 100 TeilnehmerInnen zugelassen, nachdem die Stadt sie zunächst aus Sicherheitsbedenken untersagt hatte – nicht zuletzt wegen des zu erwartenden Protests. Die Polizei rückte mit Wasserwerfern, einer Reiterstaffel und mehreren hundert PolizistInnen an, um die rechte Kundgebung zu ermöglichen.
Der AfD-Landesverband Baden-Württemberg hatte Alice Weidel als Rednerin für die Kundgebung am Sonntag, 24. Mai, angekündigt. Diese Kundgebung untersagte die Stadt Stuttgart mit Blick auf die Corona-Pandemie und das Konfliktpotenzial. Außerdem führte die Stadt an, dass durch viele Menschen womöglich die vorgeschriebenen Abstände nicht eingehalten werden könnten. Daraufhin zog die AfD vor Gericht. Dort wurde das Verbot der Stadt zunächst bestätigt. Am 23. Mai, dem Vortag der Veranstaltung, erlaubte der Verwaltungsgerichtshof die Kundgebung jedoch – allerdings unter strengen Auflagen.
So durften nur 100 Personen an der AfD-Kundgebung teilnehmen. Es mussten ein Mindestabstand von 1,50 Metern eingehalten und Abstandsmarkierungen auf den Boden gezeichnet werden. Auch sollte die „Alternative für Deutschland“ zwei Busse bereitstellen, um die TeilnehmerInnen zum Kundgebungsort zu bringen. In ihnen war verpflichtend ein Mund-Nasen-Schutz zu tragen.
- Mund- und Nasenschutz? Fehlanzeige!
- AfD-Kundgebung auf dem Schillerplatz
Schon im Vorfeld Kontrollen
Das Bündnis „Stuttgart gegen Rechts“ mobilisierte zu einer Gegenkundgebung und anschließenden Protesten. Es kamen etwa 250 Menschen mit Mund-Nasen-Schutz und unter Einhaltung des Mindestabstands auf den Marktplatz. Die AntifaschistInnen versammelten sich bereits um 12.30 auf dem Stuttgarter Marktplatz, um gegen die um 14 Uhr beginnende AfD-Veranstaltung zu protestieren. Das Bündnis „Stuttgart gegen Rechts“ wollte mit dieser Gegenkundgebung deutlich machen, dass auch in Corona-Zeiten rechte Hetze in Stuttgart nicht ohne Widerspruch bleibt.
- Antifaschistischer…
- … Protest auf dem …
- … Stuttgarter Marktplatz
Die Stuttgarter Polizei setzte mehrere BeamtInnen, eine Pferdestaffel und zwei Wasserwerfer zum Schutz der AfD-Kundgebung ein. Schon im Vorfeld der Kundgebung auf dem Marktplatz wurden AntifaschistInnen am Hauptbahnhof anlasslos kontrolliert und mussten auf dem Weg zur genehmigten Gegenkundgebung oft noch ein zweites Mal Personen- und Taschenkontrollen über sich ergehen lassen.
Solidarität mit dem Pflegepersonal
Die RednerInnen auf dem Marktplatz solidarisierten sich unter anderem mit dem Pflegepersonal. Außerdem betonten sie, dass es verlogen sei, wenn sich nun eine Partei als Retterin der Grundrechte und Freiheit aufspielt, die sonst schärfere Überwachungsmaßnahmen und den Abbau von Freiheitsrechten fordert. Um zu unterstreichen, dass es in Stuttgart nie ohne Widerspruch bleibt, eine rechte Veranstaltung durchzuführen, zogen die AntifaschistInnen im Anschluss an die Kundgebung Richtung Schillerplatz.
- Zufahrt blockiert
Da es im Gerichtsurteil hieß, die KundgebungsteilnehmerInnen müssen mit zwei Bussen anreisen, wurde zeitweise eine Zufahrt zum Schillerplatz blockiert. Die Polizei zog eine enge Kette Richtung Charlottenplatz, der Weg Richtung Schlossplatz blieb aber frei. Als bekannt wurde, dass die Rechten inzwischen wohl über einen anderen Weg auf den Schillerplatz geleitet wurden, zogen die AntifaschistInnen an die Eingänge zum Schillerplatz.
Stefan Räpple provoziert
Zwischen Alter Kanzlei und Schloss stand ein Wasserwerfer bereit. Die DemonstrantInnen übten lautstark Protest in Hör-und Sichtweite der AfD-Kundgebung. Auch hier wurde auf Mund-Nasen-Schutz geachtet. Ob bei der AfD-Kundgebung die vorgeschriebenen Abstände eingehalten wurden, ist schwer zu beurteilen – ebenso, wie viele Personen tatsächlich auf der Versammlungsfläche waren. In einem Video, das der Redaktion vorliegt, sagt ein Mitglied der Jungen Alternative, es seien mehr als 100 anwesend. Unsere Fotografen sprachen von mehr als 130 Personen auf dem Platz.
Der Protest gegen die AfD-Kundgebung, von Polizei und Hamburger Gittern gut abgeschirmt, machte sich dennoch lautstark bemerkbar. Er blieb dabei friedlich. Zu einem kurzen Tumult kam es, als Stefan Räpple provozierend durch die Reihen der Protestierenden lief und BeamtInnen den Weg für ihn brutal freistießen.
- Stefan Räpple provoziert unter Polizeischutz
Parolen und Konfettikanone
Nach einiger Zeit gaben die AntifaschistInnen ihren Protest an den Gittern auf und zogen über die Königsstraße zum Rotebühlplatz. Während dieser Spontandemonstration wurden laute Parolen skandiert und eine Konfettikanone gezündet. Am Rotebühlplatz löste sich die Demonstration auf.
Kurz bevor der Demozug den Rotebühlplatz erreichte, gingen einige BeamtInnen in Richtung U-Bahn Haltestelle. Als die AntifaschistInnen bereits auf dem Heimweg waren, wurde dort ein Antifaschist festgenommen. Der Grund ist uns nicht bekannt. In der Pressemitteilung der Polizei Stuttgart ist von einer Personalienfestellung bei drei Personen wegen einer Beleidigung zu lesen.
- AfD-Gegner …
- … wird festgesetzt …
- … und abgeführt
Kommentar von Sahra Barkini: Kein roter Teppich für die AfD!
Das ursprüngliche Verbot der AfD- Kundgebung durch die Stadt Stuttgart war ein wichtiges Zeichen. Warum die Stadt allerdings ein hochgerüstetes Polizeiaufgebot auffahren ließ, erschließt sich mir nicht. Auf 250 AntifaschistInnen mit mehreren hundert BeamtInnen, einer Pferdestaffel und zwei Wasserwerfern zu reagieren, scheint mir völlig überzogen. Und wenn schon so viele Polizeikräfte im Einsatz sind: Warum wurde dann auf dem Schillerplatz nicht auf die konsequente Einhaltung der Gerichtsauflagen beharrt?
Wie konnte es sein, dass offenbar mehr TeilnehmerInnen als erlaubt anwesend waren? In den Auflagen des Gerichts hieß es, dass die TeilnehmerInnen der rechten Kundgebung mit zwei Bussen zur Veranstaltung gebracht werden sollten. Wurde das eingehalten? Es standen in unmittelbarer Nähe zwar zwei Busse der SSB, doch war das nur Zufall oder hat sich die SSB wieder einmal vor den rechten Karren spannen lassen?
Offensichtlich hat die Stadt Stuttgart alles dafür getan, der AfD einen störungsfreien Ablauf ihrer Kundgebung zu ermöglichen und gleichzeitig Neonazis den roten Teppich auszurollen. Anders lässt es sich nicht erklären, dass Stefan Räpple, weit nach Beginn der Kundgebung noch auf den Schillerplatz gelassen und mitten durch den Gegenprotest geführt wurde.
Während die BeamtInnen die DemonstrantInnen rabiat zur Seite stießen, verhöhnte Räpple sie auch noch. Am vergangenen Sonntag wurde in Stuttgart wieder sehr deutlich, dass der Feind aus Behördensicht links steht. Dabei ist und bleibt konsequenter Antifaschismus legitim. Gerade in einer Zeit, in der rechte Netzwerke auf einen Tag X hinarbeiten. Kein fußbreit den Rechten, auch nicht während der Corona Pandemie!
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Videos
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Weitere Bilder von den Protesten
- Ewige Polizeifilmerei
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- … zum Eigenschutz festgesetzt
Weitere Bilder von der AfD-Kundgebung
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