Berlin/Stuttgart/Schorndorf. In der Tarifrunde für die rund 2,3 Millionen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen haben die Tarifparteien einen Abschluss erzielt. Dadurch steigen die Einkommen tabellenwirksam um 4,5 Prozent in der niedrigsten Entgeltgruppe und -stufe und noch um 3,2 Prozent in der höchsten Eingruppierung. In der Pflege beträgt die Steigerung 8,7 Prozent und in der Spitze für Intensivkräfte rund zehn Prozent. Alle Beschäftigten erhalten zusätzlich noch in diesem Jahr eine Corona-Prämie, für die unteren Entgeltgruppen (1-8) 600 Euro, die mittleren (9-12) 400 Euro, die oberen Lohngruppen (13-15) 300 Euro, für Auszubildende 225 Euro (Bund 200 Euro). Die Tarifvereinbarung läuft bis zum 31. Dezember 2022.
Die Löhne und Gehälter werden zunächst zum 1. April 2021 um 1,4 Prozent, mindestens aber 50 Euro sowie zum 1. April 2022 um weitere 1,8 Prozent angehoben. Auszubildende bekommen jeweils 25 Euro mehr.
Für die Pflegekräfte wurden gesonderte Gehaltssteigerungen vereinbart. Ab März 2021 wird eine Pflegezulage von 70 Euro gezahlt, die ein Jahr später auf 120 Euro erhöht wird. Die Zulage in der Intensivmedizin wird mehr als verdoppelt auf 100 Euro monatlich, die Wechselschichtzulage steigt von 105 auf 155 Euro monatlich. In den Betreuungseinrichtungen wie Altenheimen wird die Pflegezulage mit einem Plus von 25 Euro auf Gleichstand mit den kommunalen Krankenhäusern gebracht. Ärzte in den Gesundheitsämtern erhalten ab März 2021 eine Zulage von 300 Euro monatlich.
Mut der Beschäftigten verhinderte Stagnation
„Das am Sonntag, 25. Oktober, in Potsdam nach vier Verhandlungstagen erzielte Tarifergebnis war nur möglich, weil die Beschäftigten in den vergangenen Wochen trotz massivem Gegenwind ihrer eigenen Arbeitgeber den Mut hatten, auf die Straße zu gehen. Ohne die breite Beteiligung an den Arbeitsniederlegungen hätte es drei Jahre Stagnation bei den Gehältern gegeben“, so Verdi Landesbezirksleiter Martin Gross.
Gross weiter: „Der heutige Kompromiss setzt auf diejenigen im öffentlichen Dienst Akzente, die es am meisten brauchen: die unteren und mittleren Einkommensgruppen sowie die Kolleginnen und Kollegen, bei denen eine Aufwertung überfällig ist, die Pflegekräfte. In bis zum Schluss sehr schwierigen Verhandlungen ist es uns gelungen Laufzeit und Volumen in ein deutlich besseres Verhältnis zu rücken und vor allem die Verteilung ausgesprochen fair und gerecht zu gestalten. Über den öffentlichen Dienst hinaus ist es gut, dass ein einseitiger und langjähriger Sparkurs auf dem Rücken der Beschäftigten heute klar verhindert wurde.“
Hanna Binder, stellvertretende Verdi Landesbezirksleiterin: „Der Kompromiss wird aber trotz der guten Akzente an den richtigen Stellschrauben nicht ausreichend dazu beitragen, den Fachkräftemangel in den nächsten Jahren zu beheben.“
Positiv sieht Verdi im Land, dass bei den Beschäftigten in der Pflege im Vergleich zum ersten Angebot nochmals ordentlich nachgebessert wurde. Dass größere Eingriffe in die Jahressonderzahlung der Sparkassen-Beschäftigten durch ein Entlastungsmodell abgewehrt werden konnten, war, so die Gewerkschaft, nur möglich durch die hohe Streikbeteiligung in diesem Bereich.
Irene Gölz, Verdi Landesfachbereichsleiterin Gesundheit und Soziales: „Die Ergebnisse für die Pflege sind ein Einstieg in die bitter nötige Aufwertung der Pflegeberufe. Wir konnten heute drei weitere verlorene Jahre verhindern. Die Zielmarke ist aber noch nicht erreicht. Wir fordern jetzt erst Recht von der Politik mehr Personal und Entlastung.“
Unterstützung durch Streiks und Aktionen auf der Straße
Die Tarifverhandlungen wurden durch Streiks und Demonstration tatkräftig unterstützt. Im Rems-Murr-Kreis gab es mehrere Aktionen der Beschäftigten vor dem Rems-Murr-Klinikum in Winnenden. Auf dem Schorndorfer Marktplatz fand am Mittwoch, 7. Oktober, eine Kundgebung statt, auf der auch Vertreter der IG Metall und des DGB ihre Solidarität zum Ausdruck brachten (siehe Video).
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