Von Sahra Barkini – Stuttgart. Der Stuttgarter Kreisverband der Linken rief für Samstag, 5. Juni, zu einer Kundgebung „Mieten bundesweit deckeln. Vonovia & Co. enteignen“ auf dem Marienplatz auf. 100 Menschen folgten der Einladung. Redner waren der frühere Bundesvorsitzende der Partei Bernd Riexinger, Bundestagsabgeordneter und Spitzenkandidat der Linken in Baden-Württemberg für die Wahl am 26. September, außerdem Horst Fleischmann vom MieterInnenbeirat der SWSG. Auch Sabine Vogel von der Initiative Solidarische Nachbarschaft Schoettle-Areal und Anil Besli von Migrantifa Stuttgart, Bundestagskandidat für die Linke Esslingen, hielten Ansprachen.
„Wohnen ist ein Menschenrecht. Runter mit den Mieten in Stuttgart. SWSG Mietenstopp, keine Mietenerhöhung – wir zahlen schon genug. Mieten deckeln – Wohnungskonzerne enteignen.“ Dies waren einige der Forderungen auf Schildern und Transparenten. Die RednerInnen forderten, dass Wohnraum bezahlbar bleiben müsse, und kritisierten die horrenden Mieten in Stuttgart.
50 bis 60 Prozent des Lohns für die Miete ist eine Enteignung
Der Bundestagsabgeordnete Bernd Riexinger nannte es eine Enteignung, wenn MieterInnen 50 bis 60 Prozent ihres Lohns für die Miete ausgeben müssen. Er unterstrich die Forderung, dass öffentlicher Wohnraum nicht privatisiert werden dürfe. Stattdessen müsse mehr öffentlicher Wohnraum aufgebaut werden. Immobilienkonzerne wie Vonovia und Deutsche Wohnen seien maßgeblich verantwortlich für die Mietpreistreiberei, so Riexinger. Profit und Spekulation habe im Wohnungsbau nichts verloren. Vielmehr sei es Zeit für bezahlbaren Wohnraum in Stuttgart und bundesweit. Denn die hohen Mietkosten machen die Menschen arm.
Horst Fleischmann zitierte in seiner Rede Stimmen aus dem Stuttgarter Gemeinderat. Sie betrafen die geplante Mieterhöhung der SWSG. Die Stadteigene Wohnungsgesellschaft stellt mit 52 Prozent den größten Anteil an preisgebundenen Wohnungen in der Landeshauptstadt. Nun sollen nach fünf Jahren Pause wieder die Mieten erhöht werden – und das mitten in der Corona Pandemie.
Silvia Fischer von den Grünen: „Wenn wir die Mieten bei der SWSG nicht erhöhen, entkoppeln wir die SWSG vom freien Wohnungsmarkt, indem man Sonderkonditionen für SWSG-Mieter schafft. Man sollte eine Neiddiskussion über privilegierte SWSG Mieter vermeiden.“ Die CDU sieht momentan die Zeit für Mieterhöhungen gekommen. Eine Nullrunde bei den Mieten erinnere an „kubanischen Sozialismus“ und sei eine „politische Träumerei“.
Oft entscheide der Nachname, ob man Chancen auf dem Wohnungsmarkt hat
Anil Besli berichtete von einer Wohnungsanzeige die er kürzlich gelesen hat: „Neubau. Möbliert. 2 Zimmer. 55 qm. 1500 € Kaltmiete.“ Als er das las, habe er sich gefragt, ob die Möbel vielleicht aus Gold sind. Dieser Wucher wurde nur vom Zusatz: „Keine SüdländerInnen! Keine AsiatInnen“ übertroffen, „das Gendern habe ich übernommen“. Oft entscheide der Nachname oder das Aussehen, ob man gute Chancen auf dem Wohnungsmarkt hat. Arafat Al Hossain und Jochen Schulze hätten die gleichen Voraussetzungen, die gleichen Jobs. Wenn sich beide für 20 Wohnungen bewerben, bekomme Arafat drei Einladungen. Jochen zehn – so Besli weiter.
Vogel findet die Kampagne „Deutsche Wohnen und Co. Enteignen“ richtig. Sie habe etwas ins Rollen gebracht. Dem Mietenwahnsinn müsse endlich etwas entgegengesetzt werden. Sie selbst ist aktiv bei der Initiative Solidarische Nachbarschaft Schoettle-Areal, und auch sie wolle den steigenden Mieten in Stuttgart etwas entgegensetzen. Die Initiative will anhand des Schoettle-Areals zeigen, dass bezahlbare Mieten möglich wären. Das Areal soll neben bezahlbarem Wohnraum einen offenen Ort für alle Menschen in Stuttgart bieten. „Wir haben von Anfang an gesagt: Wir wollen ein antirassistisches, solidarisches – ein demokratisches Miteinander in der Stadt.“
Die RednerInnen dieses Nachmittags waren sich darin einig, dass Wohnen ein Menschenrecht ist. Es dürfe nicht den Gesetzen des Marktes überlassen werden. Nur zusammen mit MieterInnen könne man den Kampf für bezahlbaren Wohnraum gewinnen.
Für die musikalische Umrahmung der Kundgebung sorgten Anja & Nico.
Am Rand der Kundgebung waren immer wieder UmweltaktivistInnen zu sehen, die zur gleichen Zeit eine Fahrraddemo veranstalteten.
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