Heidelberg. Mehrere hundert Menschen haben am Freitag, 23. März, gegen eine Veranstaltung der völkisch-nationalen „Jungen Alternative“ (JA) mit rund 100 AfD-Mitgliedern in der Heidelberger Stadtbücherei protestiert. Die rechtsradikale Gruppierung hatte ausgerechnet den nach der jüdischen Heidelberger Dichterin Hilde Domin benannten Saal angemietet. Ziel der Veranstaltung war nach Auffassung der Antifaschistischen Initiative Heidelberg (AIHD) unter anderem, für einen Neonazi-Aufmarsch im Umfeld der AfD am nächsten Tag in Kandel zu werben (siehe Schulterschluss gegen Neonazis).
Die Stadtverwaltung hatte die Veranstaltung nach eigenem Ermessen bewusst genehmigt. Dem gemeinsamen Aufruf von CDU und Grünen, fernab des Geschehens in den Büchereiräumen an einem „Vortrag“ teilzunehmen, folgten nur wenige Menschen. Bis kurz vor Beginn hatten die Grünen noch angekündigt, sich der AfD „entgegenstellen“ zu wollen.
- CDU und Grüne fernab vom Geschehen
- Dorothea Kaufmann, Mitglied des Kreisvorstands der Grünen Heidelberg
Nur handverlesenes Publikum bei der AfD
Dem Aufruf der AIHD zu einer Lesung aus Werken von Schriftstellerinnen und Schriftstellern, deren Bücher von den Nazis verbrannt wurden, folgten dagegen mehrere hundert Menschen aus verschiedenen Gruppierungen. Das Programm gestalteten unter anderen der Liedermacher Bernd Köhler aus Mannheim und die Schriftstellerin und Hilde-Domin-Biografin Marion Tauschwitz. Es wurden mehrere Redebeiträge gehalten, so zum Beispiel von Michael Csaszkóczy von der AIHD (siehe Video unten) und von Johannah Illgner und Lena Wagner vom Queerfeministischen Kollektiv Heidelberg (kann hier nachgelesen werden).
- Michael Csaszkóczy, AIHD
- Johannah Illgner, Queerfeministisches Kollektiv Heidelberg
- Lena Wagner, Queerfeministisches Kollektiv Heidelberg
- Liedermacher Bernd Köhler
Nur ein massiver Polizeieinsatz ermöglichte es, die handverlesenen Zuschauer der AfD-Veranstaltung durch die protestierende Menge zu schleusen. Die Türsteher der AfD ließen nur Menschen mit Parteiausweis in den Saal. Pressevertreter wurden teilweise zugelassen. Dem Chefredakteur der Beobachter News wurde der Zugang allerdings verwehrt.
- Türsteher bei der Arbeit
- Polizeispalier für die AfD
Polizeifahrzeug blockiert
Zwei junge Leuten, die sich im oberen Foyer der Bücherei auf den Boden gesetzt hatten, wurden von der Polizei mit massiver Gewalt (laut Angaben der AIHD mit Tritten gegen den Kopf, Tragen im Schmerzgriff mit dem Gesicht nach unten, Schlagen des Schädels gegen das Einsatzfahrzeug) aus dem Gebäude entfernt. Grund war laut Polizei eine Anzeige wegen „Hausfriedensbruchs“. Die Frage, ob sie von der Stadtbücherei oder der AfD erstattet wurde, wollte die Polizeiführung nicht beantworten. Nach Angaben eines der Festgenommen wird ihm selbst zusätzlich noch Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte vorgeworfen.
Das Fahrzeug, in dem die beiden zur Polizeiwache gebracht werden sollten, wurde von Demonstrierenden blockiert. So musste der Einsatzleiter der Polizei von seinem Plan ablassen, die Festgenommenen bis zum Abschluss der Veranstaltung im Polizeirevier in Gewahrsam zu nehmen. Sie wurden stattdessen nach rund zwei Stunden gegen 20.30 Uhr unter dem Beifall der Menge wieder freigelassen.
Die Provokation lief ins Leere

AfD-Stadtrat Matthias Niebel unter Polizeischutz erfolglos provozierend bei AfD-GegnerInnen – Foto: Heidelberg gegen Rassismus
AfD-Stadtrat Matthias Niebel, der im Vorfeld der Veranstaltung diffamierende Hetzvideos gegen AntifaschistInnen ins Netz gestellt hatte, versuchte sich erneut als „Anti-Antifa“-Fotograf und versuchte, Fotos von Demonstrierenden zu machen. Er stellte sich provozierend auf eine Mauer und filmte oder fotografierte über eine längere Zeit AfD-GegnerInnen. Der offenbar gewünschte körperliche Übergriff auf seine Person blieb jedoch aus.
Zuvor hatte er ein Porträtfoto von sich mit dem Text „Wer von der Antifa angegriffen wird, hat etwas richtig gemacht“ veröffentlicht. Die Facebookgruppe „Heidelberg gegen Rassismus“ witzelte über die Publikation: „(…) seine Erwartungen, jetzt angegriffen zu werden, erfüllte sich leider nicht. Also Niebel….. alles falsch gemacht.“
Die Antifaschistische Initiative betrachtet die Proteste insgesamt als Erfolg. Sie hätten erneut gezeigt, dass faschistische Propaganda in Heidelberg immer auf entschiedenen Widerstand aus allen Gruppen der Bevölkerung stoßen wird. Die AIHD protestiert in ihrer Pressemitteilung „gegen den völlig überzogenen und ersichtlich völlig im Dienste der AfD stehenden Polizeieinsatz“ und fordert die Einstellung aller Verfahren.
Videos
Weitere Bilder des Tages
- Kilian Steinmann, Sprecher der „JA“ Kurpfalz
- AfD-Stadtrat Matthias Niebel
- Leon Stockmann, Mitglied des Landesvorstands der „JA“ Baden-Württemberg und „Penälerfux“ bei der Burschenschaft Normannia
- Malte Kaufmann, Sprecher des AfD Kreisverbandes Heidelberg
- Bernd Köhler
- Dorothea Kaufmann, Die Grünen HD
- AfD-Stadtrat Matthias Niebel
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