Karlsruhe. Der ehemalige Landtagsabgeordnete Stefan Räpple darf auch weiterhin als „erklärter Antisemit“ bezeichnet werden. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat eine Berufungsklage des Ex-Politikers im Rechtsstreit mit der Amadeu-Antonio-Stiftung abgewiesen: Die Meinungsfreiheit überwiege in diesem Fall das Persönlichkeitsrecht des einstigen AfD-Mitglieds.
Die Amadeu-Antonio-Stiftung hatte in ihrem Internet-Portal „Belltower News“ im Rahmen der Berichterstattung über den AfD-Parteitag 2019 in Braunschweig geschrieben, Räpple sei ein „erklärter Antisemit und Holocaust-Relativierer“. Diese Aussage sieht das Oberlandesgericht wie schon in erster Instanz das Landgericht Baden-Baden im August 2020 durch das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gerechtfertigt (siehe „Räpple will kein Antisemit sein“ und „Stiftung darf Räpple als Antisemiten bezeichnen„). Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen. Räpple kann dagegen noch Beschwerde einlegen. Die Parteien waren nicht zur Verkündung erschienen.
In seiner Begründung teilt der 6. Zivilsenat mit, dass die Stiftung mit ihrer Äußerung zwar „schwer in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers“ eingreife. Das sei in diesem Fall aber legitim, weil Räpple tatsächlich Äußerungen getätigt habe, die „eine Tatsachengrundlage für das Werturteil der Stiftung“ bilden. So habe er behauptet, es sei „heute nicht einmal mehr möglich zu fragen, ob sechs Millionen Juden in den KZ umgekommen sind oder ob es vielleicht doch nur viereinhalb Millionen waren“. Auch habe er wiederholt den von ihm so genannten „Schuldkult“ gegenüber der Zeit des Nationalsozialismus angeprangert.
So wie der damalige AfD-Politiker seine Meinungen äußern durfte, dürfe es auch der verklagten Stiftung nicht verwehrt sein, ihre Meinung samt der Bewertung zu äußern, dass aus Räpples Erklärungen eine antisemitische und den Holocaust relativierende Einstellung spreche. Hiergegen könne sich der Kläger wiederum durch Meinungsäußerungen einbringen und so der „durch eigenes Verhalten eingetretenen Beeinträchtigung seines sozialen Geltungsanspruchs entgegenwirken“. Würde man hingegen der beklagten Stiftung die Äußerung untersagen, wäre der Meinungskampf von vornherein unterbunden. Dies aber widerspräche dem Ausgleich der widerstreitenden Grundrechtspositionen.
Mit seiner Klage wollte Räpple zugleich die Gemeinnützigkeit der von der Bundeszentrale für politische Bildung als Bildungsträger anerkannten Stiftung infrage stellen. Es könne nicht sein, argumentierte er in der Verhandlung im August 2020, dass eine staatlich finanzierte Institution solche Äußerungen tätige. Doch auch in diesem Punkt entschied das Gericht gegen ihn: Die Finanzierung von Projekten der Stiftung durch staatliche Zuschüsse bedeute „keine unmittelbare staatliche Einflussnahme, so dass die Beklagte auch keiner unmittelbaren Grundrechtsbindung unterliege“.
„Es ging bei dem Verfahren darum, Journalisten einzuschüchtern und ihnen das Leben schwer zu machen. Das Verfahren hatte für den ehemaligen AfD-Politiker den Zweck, sich als Verfolgter zu inszenieren – und ist damit ein gutes Beispiel für rechtsalternative Parallelwelten. Wir freuen uns sehr, dass diese Instrumentalisierung der Justiz gescheitert ist“, erklärt Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu-Antonio-Stiftung in Berlin, zum erstinstanzlichen Urteil.
Räpple ist kein Mitglied der AfD mehr und hat mit Ablauf der Legislaturperiode auch seinen Sitz im Landtag verloren.
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