Von Alfred Denzinger – Ravensburg. Zum Haftantritt des Antifaschisten Jo versammelten sich am 22. August vor dem Gefängnis in Ravensburg über 120 AntifaschistInnen. In einer lautstarken Spontandemonstration zogen sie gemeinsam mit Jo von der Rückseite des Gefängnisses zum Eingangsbereich der Justizvollzugsanstalt (JVA). Bei einer Kundgebung verabschiedeten sich die TeilnehmerInnen von ihrem Mitstreiter, für den sich das Gefängnistor für viereinhalb Jahre schließen soll. Das Gericht war in einem Indizienprozess zu dem Schluss gekommen, Jo habe einen (bewaffneten) Rechtsradikalen der rechten Pseudogewerkschaft Zentrum Automobil niedergeschlagen und dadurch schwer verletzt (wir berichteten).
Bei der Kundgebung wurden mehrere Grußworte verlesen, so vom Bundesvorstand der Roten Hilfe, der Plattform Perspektive Kommunismus, der antifaschistischen Aktion Süd, der 129a-Soligruppe aus Frankfurt, der Waterkant Antifa, vom OTFR – dem Offenen Treffen gegen Faschismus und Rassismus für Tübingen und Region – und vom inhaftierten Antifaschisten Findus, der sich derzeit in der JVA Heimsheim in Haft befindet (siehe hierzu auch die Videos/Audios unten).
Die AktivistInnen erklärten, es müsse nun darum gehen, die antifaschistische Solidarität kontinuierlich aufrecht zu erhalten, die Inhaftierten trotz ihrer räumlichen Trennung am politischen Geschehen teilhaben zu lassen und sie in die „gemeinsamen Kämpfe zu integrieren“. Weiter führten sie aus: „Die Kämpfe auf beiden Seiten der Knastmauern gehen weiter, auch wenn sie sich in ihrer Intensität und ihrem Charakter unterscheiden. Der Knast ist ein politischer Raum und wir werden beide so gut wie möglich dabei unterstützen, diesen Raum zu nutzen, um auch nach den kommenden Jahren im Knast ungebrochen und erhobenen Hauptes wieder zu uns stoßen. Dies erfordert gerade in diesem Fall eine kontinuierliche, intensive Solidaritätsarbeit über einen langen Zeitraum hinweg.“
Zur Finanzierung der Zivilverfahrenskosten haben die AntifaschistInnen eine Kampagne gestartet. Unter dem Motto: “Antifa-Prozess in Stammheim? Unbezahlbar! Solidarität bleibt notwendig!“. Infos dazu gibt es unter notwendig.org/solidaritaet.
Hintergrundinfos:
Nach sechs Monaten mit 20 Verhandlungstagen ging der Prozess gegen zwei junge Männer wegen einer Auseinandersetzung zwischen AntifaschistInnen und Mitgliedern der rechten Scheingewerkschaft „Zentrum Automobil“ zu Ende. In den Räumen des Oberlandesgerichts in Stammheim wurde am Mittwoch, 13. Oktober 2021, das Urteil gegen die beiden Antifaschisten gesprochen. Das Urteil gegen den 20-jährigen Jo lautet viereinhalb Jahre und gegen den (damals) seit 11 Monaten in Untersuchungshaft sitzenden 25-jährigen Dy fünfeinhalb Jahre Gefängnis wegen gefährlicher und schwerer Körperverletzung sowie schweren Landfriedensbruchs.
In einem damaligen Kommentar zum Urteil wurde ausgeführt:
„Der Rechtsstaat hat sich mit diesem Urteil keinen Gefallen getan. Wieder einmal zeigte die Justiz, dass man sich auf eine faire Prozessführung und auf ein faires Urteil nicht verlassen kann. Zumindest nicht, wenn man sich zum Antifaschismus bekennt. Dabei sollte eine antifaschistische Grundhaltung für jeden Menschen eine absolute Selbstverständlichkeit sein. Für die staatlichen Institutionen an vorderster Stelle, da in unserem Grundgesetz der Antifaschismus verankert ist. Eine Verurteilung ohne handfeste Beweise ist für einen Rechtsstaat mehr als unwürdig.“
Der vollständige Beitrag und der Kommentar können hier nachgelesen werden: „Fünfeinhalb und viereinhalb Jahre Gefängnis ohne handfeste Beweise“
Videos/Audios
Folge uns!