Von unseren ReporterInnen – Nürtingen. AntifaschistInnen und UnterstützerInnen aus Baden-Württemberg haben am Samstag, 21. Januar, in Nürtingen ein Zeichen gegen die rechtspopulistische, marktradikale und zumindest in Teilen nationalistisch-völkische AfD gesetzt. Vor der Stadthalle versammelten sich an die 450 GegendemonstrantInnen, um gegen den Parteitag der AfD zur Aufstellung der Landesliste für die Bundestagswahl am 24. September zu protestieren. Die AfD hatte Medienvertretern den Zutritt zum Landesparteitag verweigert.
Schon in den frühen Morgenstunden fanden sich bei klirrender Kälte GegendemonstrantInnen vor der Stadthalle „K3N“ ein. Sie wurde weiträumig mit Hamburger Gittern und einer starken Präsenz von Polizeibeamten gesichert. Zusätzliche Unterstützung erhielten die BeamtenInnen von Berittenen und einem Hubschrauber.
Zahl der DemonstrantInnen stieg an
Im Laufe des Vormittags stieg die Zahl der DemonstrantInnen auf 450 Personen an. Mit lautstarkem Protest und mit Plakaten, die die Aufschriften „Vielfalt statt Einfalt“ oder „Gegen Rassismus und Unmenschlichkeit – No AfD“ trugen, zeigten die DemonstrantInnen den Anhängern der AfD, was sie von ihnen hielten.
Der Fokus bei den Plakaten lag an diesem Samstag auf der aktuellen Rede von Björn Höcke in Dresden sowie einem Posting des AfD Kreisverbands Nürnberg-Süd/Schwabach auf dessen Facebook-Seite zu Sophie Scholl. Jeweils zirka 50 Plakate mit der Aufschrift „Sophie Scholl wird nie AfD wählen, sie wurde 1943 von den Nazis ermordert“ und „Nicht das Holocaust-Denkmal, Sie sind eine Schande, Herr Höcke!“ wurden von DemonstrantenInnen getragen oder an verschiedenen Stellen aufgestellt.
Medienvertretern Zutritt verweigert
Wie schon in Kehl hat die AfD MedienvertreterInnen erneut von der Berichterstattung über ihren Parteitag ausgeschlossen. Es sei mit großer Mehrheit entschieden worden, dass JournalistInnen nicht bei der Aufstellung der Landesliste zur Bundestagswahl zugelassen werden, sagte ein Sprecher der Partei am Samstag in Nürtingen. Zur Begründung hieß es, man erwarte „keine faire und ausgewogene Berichterstattung“.
Bei 100 BewerberInnen auf die verbliebenen 29 Listenplätze war es nicht ausgeschlossen, dass sich eine/r der BewerberInnen „unglücklich ausdrücke“. Die Partei befürchte, dass sich die Medien auf diese Äußerungen konzentrierten. Mit derselben Begründung war der Öffentlichkeit beim ersten Nominierungsparteitag Ende vergangenen Jahres in Kehl der Zutritt verweigert worden.
Entschlossenheit mit Blockaden
Die DemonstrantInnen entschlossen sich, an mehreren Stellen Blockaden zu errichten. Bei einem der Haupteingänge zum Landesparteitag der AfD an der Ecke Uhland-/Steinenbergstraße kam es zu einer Rangelei zwischen Polizei und GegendemonstrantInnen, bei der ein Demonstrant zu Fall gebracht wurde.
Die DemonstrantInnen hatten mit zwei Transparenten den Eingang entlang der Hamburger Gitter zugestellt. Die Polizei versuchte immer wieder, diesen Zugang durch starkes Stoßen der DemonstrantInnen freizubekommen.
Blockade in der Heiligenkreuzstraße weitestgehend friedlich
In der Europastraße, der Zufahrt zum Parkhaus des „K3N“, hielten sich zu verschiedenen Zeiten zwischen 20 und 50 GegendemonstrantInnen auf, welche die Anreise von AfD-Mitgliedern mit verbalem Protest begleiteten. Auch hier wurden DemonstrantInnen von der Polizei immer wieder zurückgestoßen, sobald sie zu nahe an den Randstein traten. Beobachtet wurde das Geschehen durch vier berittene PolizistInnen. Ankommende DemostrantInnen wurden von der Reiterstaffel bedrängt.
Demonstration von der Stadthalle zum Bahnhof
Nach Reden von Vertretern unterschiedlicher Bündnisse auf dem Schillerplatz vor der Stadthalle bildete sich ein Demonstrationszug mit etwa 200 AktivistInnen. Mit Transparenten, Fahnen und Bannern bewegte sich der Demozug über den Marktplatz zum Bahnhof.
Auf der Strecke wurden Parolen wie „Solidarität heißt Widerstand – Kampf dem Faschismus in jedem Land“, „Für die Freiheit, für das Leben – Nazis von der Straße fegen“, „Flüchtlinge bleiben – Nazis vertreiben“, „Hinter dem Faschismus steht das Kapital – bekämpfen wir es hier und überall“ skandiert. Im vorderen Bereich des Demozugs wurde Pyrotechnik entzündet.
Auseinandersetzungen mit der Polizei
Die Demonstration war bereits offiziell beendet, als um etwa 10.45 Uhr ein BFE-Trupp (Bereitschafts- und Festnahme-Einheit) in die Menge stieß und ohne ersichtlichen Grund einen Demonstrationsteilnehmer festnahm. Das führte im Nachgang zu einer schweren Rangelei zwischen der Polizei und DemonstrantInnen.
Einem Demonstrationsteilnehmer wurde dabei eine Fahnenstange so fest gegen den Kopf gedrückt, dass sie zerbrach. Die Polizei forderte in einer Durchsage die TeilnehmerInnen auf, den Bahnhofsvorplatz zu räumen. Das geschah nach dem Eintreffen der Reiterstaffel auch. Die Kundgebung auf dem Schillerplatz hielt zu diesem Zeitpunkt noch an.
Polizei: Überwiegend friedlicher Verlauf
Das Polizeipräsidium Reutlingen sprach in seinem Pressebericht von einem im Wesentlichen friedlichen Verlauf des Protest. Es seien Hunderte von Einsatzkräften vor Ort gewesen. Am Bahnhof habe es eine Personenkontrolle zweier Eierwerfer gegeben. Das hätten andere Demonstranten zu verhindern versucht. Dabei sei es „zu einer versuchten Körperverletzung zum Nachteil eines Polizeibeamten“ gekommen.
Die Polizei habe zwei 19 und 23 Jahre alte Männer vorläufig festgenommen. Sie hätten Platzverweise erhalten und seien wieder auf freien Fuß gesetzt worden.
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