Von unseren ReporterInnen – Göppingen/Geislingen. Gleich zwei Filmvorführungen von „Blut muss fließen – Undercover unter Nazis“ gab es im Kreis Göppingen am Freitag, 30. Juni. BesucherInnen kamen im Anschluss mit dem Regisseur Peter Ohlendorf ins Gespräch. Zwei AfD-Vertreter waren unter den Zuschauern der Vorführung in Göppingen auszumachen und wurden von den Veranstaltern mit Handschlag begrüßt. Die Filmvorführung war von der Linken und der Linksjugend Solid organisiert worden.
Sie hatten die Filmvorführung gezielt nach Göppingen geholt. Dort gab es im letzten Jahr mehrfach Anschläge auf Andersdenkende. Die Täter werden in rechtsradikalen und rechtsextremistischen Kreisen vermutet. Die Palette reichte von Steinwürfen über Farbattacken bis hin zu Todesdrohungen (siehe hierzu „Erneut Anschlag auf ein Wohnhaus“, „Neonazis drohen mit Mord“ und „Bedrohter Journalist will weiter berichten„).
Der Film „Blut muss fließen – Undercover unter Nazis“ wurde im Altenstädter Rathaus in Geislingen und im Göppinger Haus der Jugend zeitversetzt vorgeführt. So konnte Peter Ohlendorfer den Interessierten nach beiden Vorführungen Rede und Antwort stehen. In Geislingen kamen 15 und in Göppingen 25 ZuschauerInnen zu dem Dokumentarfilm.
Polizei lässt Neonazis bei Rockkonzerten gewähren
Der Journalist Thomas Kuban hat auf über 50 Nazikonzerten europaweit Undercover gefilmt – stets unter großer Gefahr, entlarvt zu werden. Sein Film „Blut muss fließen“ gibt Einblicke in eine Welt voller Hass gegen Andersdenkende und in das klägliche Versagen von Politikern, Justiz und Polizei. So zeigen Szenen führende Politiker bei einer Pressekonferenz in München, als Kuban sie mit den Ergebnissen seiner Undercoverrecherchen konfrontierte.
Szenen, in denen Neonazis mehrfach Hitlergrüße zeigen oder bei Rechtsrockkonzerten verbotene Lieder singen – und dies unter Begleitung und vor Augen und Ohren von Beamten, die weder das Konzert auflösten, noch die Neonazis mit einer Strafe belegten. Auf mehrfache Nachfragen von Kuban blockten die Politiker ab und priesen die Polizeiarbeit, obwohl Kuban das gravierende Versagen der Beamten belegen konnte.
AfD bei Linken erwünscht?
Am Eingang der Veranstaltungsorte hatten die Veranstalter ein Plakat aufgehängt mit dem Hinweis, dass Rechte und Neonazis von der Veranstaltung ausgeschlossen seien. Die AfD gehörte nicht zu den aufgeführten Organisationen. Ohlendorfer gab nach den Vorführungen in der Diskussionsrunde weitere Einblicke zum Film. Interessierte fragten nach genaueren Verbindungen zur Neonaziszene und deren Rockkonzerten in Baden-Württemberg.
Auch wurde über das so genannte NSU Trio und die Verbindungen zu dem rechtsextremen Netzwerk „Blood & Honor“ (Blut und Ehre) diskutiert. In Göppingen befanden sich ein Mitglied der AfD und der Kreisvorsitzende der Partei Sandro Scheer im Publikum. Auch Scheer beteiligte sich an der Diskussionsrunde. Stadtrat Christian Stähle versuchte zu kontern. Er und der Bundestagskandidat der Linken Konstantinos Katevas hatten die beiden AfD-Vertreter per Handschlag begrüßt und sie auch in der Einleitung erwähnt.
Polizei erteilt Platzverweise
Eine kleinere Personengruppe die dem linken Spektrum zuzuordnen ist, erhielt kurz nach dem Beginn der Veranstaltung Platzverweise. Grund für die Platzverweise gab die zuständige Pressestelle der Polizei in Ulm, als präventive Sicherheitsmaßnahme an. Auf Nachfragen des Regisseurs Peter Ohlendorfer, direkt bei dem zuständigen Revierleiter, erwiderte dieser energisch „Man habe ihn getäuscht“. Ohlendorfer gab sich entsetzt über diese Äußerung des Beamten und konterte er sei nicht der Veranstalter, sondern der Regisseur.
AfD-Bürgermeister verpachtet an Rechtsextreme
Während in Göppingen und Geislingen die Veranstaltungen „Blut muss fließen – Undercover unter Nazis“ liefen, bereiteten Rechtsextreme in Themar (Thüringen) eines der größten Rechts-Rock-Konzerte vor. Die Wiese, auf der mehrere Konzerte der Neonazis stattfinden sollen, gehört dem Bürgermeister der nahegelegenen Ortschaft Grimmelshausen Bodo Dressel – bis vor kurzem AfD-Mitglied, jetzt nach Berichten der Thüringer Allgemeine und der Berliner Boulevard-Zeitung B.Z. nach einem Zerwürfnis ausgetreten. Der AfD soll das Paktieren mit Neonazis zu weit gegangen sein. Dressel hat die Wiese vor Jahren gekauft, um dort ein Autohaus zu eröffnen. Nun hat er das schmale Stück Land an einen stadtbekannten Rechten für die Nazi-Konzerte verpachtet
Die Rechten haben die drei für den 1., 15. und 29. Juli geplanten Konzerte auf der Wiese in Themar als Versammlungen angemeldet. Sie begründeten das damit, das zwischen den Bands Redner auftreten und politische Statements abgeben sollten. Das Konzert am 15. Juli zum Beispiel ist als Kundgebung unter dem Titel „Rock gegen Überfremdung“ geplant. Zu den Rednern an diesem Tag werden einschlägig bekannte Neonazis gehören, darunter der 77-jährige frühere NPD-Vorsitzende und mehrfach wegen Volksverhetzung verurteilte Holocaust-Leugner Günter Deckert und Thügida-Chef David Köckert.
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