Berlin/Stuttgart. Das Bundespresseamt hat 32 Journalisten beim G 20-Gipfel in Hamburg die bereits zugesagte Akkreditierung entzogen. Lapidare Erklärung: Das BKA habe Sicherheitsbedenken. Eine plausible Begründung für den Ausschluss von der Berichterstattung lieferten die Behörden trotz Protests und Nachfragen bis heute nicht. Jetzt haben acht Journalisten mit Unterstützung der dju in Verdi beim Berliner Verwaltungsgericht Klage gegen das Bundespresseamt eingereicht – unter ihnen Alfred Denzinger, der Chefredakteur der Beobachter News. Die Journalisten wollen nachträglich feststellen lassen, dass der Schritt rechtswidrig war.
Alfred Denzinger hatte sich für das offizielle Pressezentrum beim G20-Gipfel angemeldet und auch eine Zusage erhalten. Als er seinen Akkreditierungsausweis vor Ort abholen wollte, wurde er ihm jedoch verweigert (siehe „Angriff auf die Pressefreiheit„). Sein Name stand mit weiteren auf einer Liste, die das Bundeskriminalamt an die Polizisten an den Eingängen zum Gipfel verteilt hatte. Tatsächlich entzogen wurden die Akkreditierungen neun Journalisten.
Regierungssprecher Steffen Seibert hatte erklärt, das Bundespresseamt (BPA) habe die Akkreditierungen nach Hinweisen der Sicherheitsbehörden eingezogen. Das Innenministerium schob nach, dass auf der Liste verurteilte linksextreme Straftäter und ein mutmaßlicher „Reichsbürger“ standen. Zumindest Letzteres beruhte auf einer Verwechslung, wurde inzwischen bekannt. Es genügte allerdings, den Betroffenen öffentlich zu diskreditieren.
Weder das Bundeskriminalamt noch das BPA hätten bisher stichhaltige Gründe für ihren Schritt genannt, begründete die Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) Cornelia Haß die Klage. „Jetzt müssen die Gerichte klären, ob der Umgang mit unseren Mitgliedern einer juristischen Prüfung standhält. Ich habe da berechtigte Zweifel“, erklärte sie.
Denzinger vermutet, dass der Entzug seiner Akkreditierung damit zusammenhängen könnte, dass ihn die baden-württembergische Polizei in ihrer internen Datei seit 2011 als „linksmotivierten Straftäter“ führt. Dabei hatte die Staatsanwaltschaft die damals nach einer Anzeige aufgenommenen Ermittlungen als unbegründet eingestellt. Aber das Urteil eines ordentlichen Gerichts ist auch keinesfalls Voraussetzung dafür, in einer solchen Datei zu landen und dort auch zu bleiben. Die Beobachter News berichten regelmäßig von Demonstrationen des linken Spektrums und dokumentieren auch Polizeigewalt. „Das ärgert die halt“, vermutet Denzinger.
Die dju in Verdi hatte noch während des G-20 Gipfels für ihre Mitglieder Widerspruch gegen den Entzug der Akkreditierungen bei den Behörden eingereicht. Nach dem Gipfel wandte sich die Journalistengewerkschaft mit drei Briefen an die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff, an den BKA-Präsidenten Holger Münch und BPA-Chef Steffen Seibert, um Aufklärung über die Vorgänge zu erhalten.
Bis heute habe man allerdings trotz mehrfacher Nachfragen und Aufforderungen keine stichhaltigen Gründe für das Vorgehen genannt bekommen, sagte dju-Bundesgeschäftsführerin Cornelia Haß der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Acht der neun betroffenen Journalisten hätten daher nun mit Unterstützung der dju Klage eingereicht.
Gegenüber der dju-Zeitschrift M ergänzte Haß, dass auch noch Auskünfte darüber ausstünden, aufgrund welcher Datenlage die Sammlung der 32 Namen auf der Liste zustande gekommen ist: „Die Auskunftsfreude der Behörden lässt erheblich zu wünschen übrig. Dabei ist es offenbar sogar zu Verwechslungen gekommen, die dem Ansehen der Betroffenen erheblich geschadet haben. Dieser Vorgang ist beispiellos und gehört vollständig aufgeklärt“, forderte sie.
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