Von Paul Linker – Stuttgart/Pforzheim. Ein Aktivist aus Stuttgart erhielt einen Strafbefehl des Amtsgerichts Pforzheims über 2250 Euro. Er hatte sich am 23. Februar 2019 an den linken Protesten gegen die seit den 90-er Jahren auf dem Pforzheimer Wartberg abgehaltene Mahnwache strammer Neonazis aus dem Umfeld des sogenannten „Freundeskreis – Ein Herz für Deutschland“ beteiligt. Der Mann hat Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt, schon allein um seine antifaschistische Motivation darzulegen. Nun kommt es zum Prozess vor dem Amtsgericht.
Update 16. März: Der Prozess am Mittwoch, 18. März, fällt aus. Nein, nicht wegen Corona. Der betroffene Aktivist hat sich auf dringenden Rat seiner Rechtsanwältin dazu entschlossen, seinen eingelegten Einspruch zurückzuziehen. Im schlimmsten Falle hätte ihm für diesen absurden Vorwurf einer angeblichen Beleidigung eine Haftstrafe gedroht.
Die Verhandlung beginnt am Mittwoch, 18. März, um 9.30 Uhr im Sitzungssaal 311 L im 1. Obergeschoss des Amtsgerichts Pforzheim in der Lindenstraße 8 in der Nähe des Pforzheimer Hauptbahnhofs.
Über den Strafbefehl berichtete die Beobachter-News bereits im Oktober 2019 (siehe „Links gleich rechts oder was„). Der Aktivist soll zwei Polizisten, die die „Demonstration“ der Faschisten begleitet haben wollen, den ausgestreckten „Stinkefinger“ gezeigt haben.
Am 23. Februar 1945 wurde in der Endphase des von den Nationalsozialisten und dem sie unterstützenden deutschen Kapital verursachten 2. Weltkriegs auch die Stadt Pforzheim von einem alliierten Luftangriff stark zerstört. Mindestens 17 600 Menschen sollen ums Leben gekommen sein.
Faschisten und Rassisten nutzen das Geschehen schon seit den neunziger Jahren aus, um auf dem Pforzheimer Wartberg, einer Art Aussichtsplattform mit guter Sicht auf die gesamte Stadt, in grotesker Verdrehung historischer Tatsachen einen wie aus dem Nichts kommenden „Bombenholocaust“ auf die „völlig unschuldige deutsche Bevölkerung“ herbeizureden.
In bester faschistischer Tradition werden jedes Jahr pünktlich zum Beginn der damaligen Bombardierung unter starkem Polizeischutz Fackeln entzündet, um auf diesen „Holocaust“ aufmerksam zu machen. Die Polizei, die alte und junge Nazis abschirmt, geht entschlossen mit Repressionsmaßnahmen gegen den Protest gegen die Fackelmahnwache vor.
Der Aktivist zeigte sich im vergangenen Oktober beim Gespräch mit den Beobachter News besonders empört darüber, dass man ihn laut dem im Strafbefehl geschilderten „Sachverhalt“ zum Teilnehmer „einer Demonstration des Freundeskreis Ein Herz für Deutschland“ erklärt hat – das heißt einer Gruppe echter Hardcore-Nazis, die Veranstalter der Fackel-Mahnwache auf dem Wartberg sind. Den ihm als Beleidigung vorgeworfenen „Stinkefinger“ (dies steht wortwörtlich im Strafbefehl) habe er „die Demonstration begleitenden“ Polizeibeamten gezeigt.
Da scheint die alte Extremismustheorie deutscher Repressionsbehörden, wonach links auch irgendwie rechts ist, durchzuschimmern. Wen wundert dies, wenn sogar die EU behauptet, dass einer der Auslöser für den 2. Weltkrieg der deutsch-sowjetische Nichtangriffs-Vertrag vom 23. August 1939 gewesen sei.
Der Aktivist hat Einspruch gegen diesen Strafbefehl eingelegt, schon allein um seine antifaschistische Motivation darzulegen. Nun kommt es zum Prozess am Mittwoch, 18. März, um 9.30 Uhr im Sitzungssaal 311 L im 1. Obergeschoss des Amtsgerichts Pforzheim in der Lindenstraße 8. Der angeklagte Antifaschist würde sich über solidarische Unterstützung Gleichgesinnter freuen.
Siehe auch „Links gleicht rechts oder was“
Auch in diesem Jahr soll es Protest gegen die Fackelmahnwache der Neonazis geben. Sie hierzu „Nicht lange fackeln, weil’s notwendig ist“.
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