Karlsruhe. Am 8. Mai gab es trotz Corona-Maßnahmen auch in Karlsruhe Aktionen zum Tag der Befreiung. Es beteiligten sich daran etwa 300 Personen. Am Rande gab es Kontrollen und kam es zu einem Zwischenfall mit der Polizei.
Der Tag der Befreiung begann in Gedenken. Rund 30 Personen, unter ihnen Mitglieder von Parteien und Organisationen, hatten sich zur Mittagsstunde am Mahnmal der ehemaligen Synagoge in der Karlsruher Innenstadt versammelt und legten Kränze und Blumen nieder. Unter den Versammelten war auch Michel Brandt, Bundestagsabgeordneter der Linken. Auf Schildern und Plakaten wurde die Bedeutung dieses historischen Tags dargestellt und gefordert, ihn zum gesetzlichen Feiertag zu machen. Bewusst wurden keine Reden gehalten, sondern schweigend der Opfer des Nationalsozialismus gedacht.
Protest gegen Rassismus
Am frühen Abend gab es auf dem zentralen Marktplatz eine Kundgebung, getragen von der Seebrücke Karlsruhe, die den 8. Mai zum Tag des Zorns und Protesttag gegen Rassismus erklärt hatte. Bei bestem Wetter war der Platz gut gefüllt. Viele DemonstrantInnen hatten Plakate und Transparente mitgebracht, die sich ideal zum Füllen der Sicherheitsabstände nutzen ließen.
Die Redner thematisierten die sich immer stärker zuspitzende Situation der Geflüchteten, die weiterhin in Lager in Griechenland eingesperrt sind. Die Weigerung der Europäischen Union zu handeln sei rassistisch. Die Reden wurden von den DemonstrantInnen begeistert aufgenommen. Jedoch waren auch mehrmals rechte Parolen und störende Rufe zu hören, die von scheinbar zufällig vorbeilaufenden Einzelpersonen ausgingen. Einige wurden von der Polizei gestoppt, andere zogen unbehelligt weiter.
Rassistische Polizeikontrolle?
Am Rand der Kundgebung wurden immer wieder Passanten von Polizeibeamten angehalten und kontrolliert, darunter auch drei dunkelhäutige Männer. Als immer mehr Kundgebungsteilnehmer darauf aufmerksam wurden, brachten die Polizisten die Personen in eine Seitenstraße und setzten die Kontrolle dort fort. Einige Demonstranten folgten, um die Polizeimaßnahme zu beobachten, darunter auch die Anmelderin der Kundgebung und eine Ordnerin.
Als plötzlich Geschrei aus der Straße erklang, stürmten Polizeibeamte mit über dem Kopf erhobenen Schlagstock in die Straße und drängten die dort anwesenden DemonstrantInnen zurück. Eine der ursprünglich kontrollierten Personen war zu Boden gebracht und gefesselt worden. Anschließend mussten sich alle in einem Polizeitransporter vollständig entkleiden und wurden durchsucht. Ihnen drohen Anzeigen wegen des Verstoßes gegen die Corona-Verordnung sowie Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte.
Platzverweise für BeobachterInnen
Die Gruppe der Kundgebungsteilnehmer, die die Kontrolle beobachtet hatte, wurde von den Polizisten unterdes zur nächstgelegenen Polizeiwache zur Feststellung der Personalien gebracht und mit Platzverweisen belegt. Darunter war auch die Anmelderin der nebenher weiter laufenden Kundgebung und eine Ordnerin, die aber noch bis zum Ende der Veranstaltung bleiben durften.
Die Kundgebung konnte anschließend noch mit dem gemeinsamen Verlesen des Buchenwaldschwurs beendet werden. Eine Gruppe DemonstrantInnen begab sich danach noch zur Polizeiwache und wartete, bis die letzte festgehaltene Person die Wache verlassen durfte.
Wie eine Anwältin später erfuhr, die sich direkt zur Polizeiwache begeben hatte, handelt es sich bei zwei der drei Kontrollierten um Brüder, von denen einer minderjährig ist. Sie wurden auf ihrem Weg durch die Stadt an der Kundgebung vorbei von einer dritten Person angesprochen und nach dem Weg gefragt, als sofort die Polizei einschritt und die Maßnahme einleitete.
Polizeilicher Einschüchterungsversuch gegen Fotoreporter
Auch gegenüber Personen, die diese Maßnahme der Polizei mit dem Handy filmten und fotografierten, zeigten sich Beamten rigoros. So wurden Kundgebungsteilnehmern Anzeigen angedroht, sollten Aufnahmen im Internet zu finden sein. Auch ein Fotoreporter der Beobachter News wurde zwei Mal vom Einsatzleiter der Polizei angesprochen und ermahnt: Falls Bilder auftauchen würden, wisse man, an wen man sich wenden müsse. „Ich kenne Sie, ich weiß wer Sie sind“, so der Einsatzleiter.
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