Backnang/Welzheim. Kreisrat Philip Köngeter, Mitglied der Piratenpartei und der Fraktion Die Linke/ÖDP, zeigt sich erschrocken über den Ausgang der Razzia unter anderem im Rems-Murr-Kreis. Hintergrund ist eine Hausdurchsuchung in Backnang (Rems-Murr-Kreis) am Donnerstagmorgen, 15. Oktober, an der auch ein Spezialeinsatzkommando (SEK) beteiligt war, welche zu einem groß angelegten Einsatz im Süden Deutschlands gehörte. Er fordert ein härteres Durchgreifen seitens der Polizeibehörden gegenüber der gewaltbereiten rechten Szene und bittet die Bevölkerung klar Kante zu zeigen. Aus antifaschistischen Kreisen im Rems-Murr-Kreis war zu erfahren, dass zu diesem Thema eine Demonstration in Backnang geplant sei. Einzelheiten hierzu würden folgen, erklärte ein Sprecher des Bündnisses Zusammen gegen Rechts (ZgR) gegenüber den Beobachter News.
„Waffen und sogar Granaten hat man gefunden, das ist eine enorme Bedrohung für die Bevölkerung“, so Köngeter. „Mir scheint, die Gefahr durch rechten Extremismus nimmt man nicht so recht ernst. Nazis und sogenannte Reichsbürger stellen zunehmend eine Gefahr dar und die Konzentration dieser im Rems-Murr-Kreis ist besorgniserregend.“
Im Rems-Murr-Kreis befänden sich bereits beliebte Treffpunkte rechter AktivistInnen, unter anderem in der Nähe von Alfdorf, erklärt Köngeter. Die aktuellen Funde stimmen den Kreisrat nachdenklich.
„Das macht ein mulmiges Gefühl. Wie können solche Mengen an Waffen und Nazi-Kram so lange unentdeckt bleiben?“, fragt Köngeter. „Die Bevölkerung und auch die Behörden dürfen auf dem rechten Auge nicht blind sein. Wir müssen alle wachsam bleiben, ansonsten kann das Menschenleben kosten. Soweit dürfen wir es nicht kommen lassen.“
Weitere Hintergrundinfos
Im Rahmen eines groß angelegten Einsatzes haben am Donnerstagmorgen, 15. Oktober, rund 400 Polizeibeamte des Polizeipräsidiums Ulm in Kooperation mit den Landeskriminalämtern Baden-Württemberg und Bayern, den Polizeipräsidien Einsatz, Aalen, Ravensburg, Reutlingen, Schwaben Nord, Schwaben Süd/West und München sowie den Spezialeinsatzkommandos mehrerer Bundesländer 17 Wohnungen und ein Waldstück nach Beweismitteln durchsucht. Die durchsuchten Objekte befinden sich in München, den Landkreisen Augsburg, Biberach, Esslingen, Günzburg, Kempten, Sigmaringen, Tübingen und Ostallgäu sowie dem Ostalb- und Rems-Murr-Kreis.
Munition, Waffen und sogar Panzer – Spur führt auch nach Rudersberg
Auch in Backnang-Sachsenweiler ist nach Meldung der BKZ die Polizei mit Lastern und Transportern vorgefahren. Es soll dort ein Kübelwagen, der auf dem Anwesen in der Straße Am Dresselbach stand, konfisziert worden sein. Dabei handele es sich um einen Geländewagen, der bei der Wehrmacht im Einsatz war. Im Umfeld des Mannes aus Sachsenweiler soll bereits in der ersten Jahreshälfte eine Waffe aus dem Ersten Weltkrieg gefunden und der Polizei übergeben worden sein. Damals habe es auch den Hinweis gegeben, dass der Mann eine Menge Munition, Waffen und sogar Panzer zum Teil zu Hause, aber zum größeren Teil im Raum Berglen/Rudersberg lagern würde.
Ermittlungsverfahren gegen derzeit 19 Beschuldigte
Hintergrund ist ein bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart geführtes Ermittlungsverfahren gegen derzeit 19 Beschuldigte unter anderem wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. Ausgangspunkt der Ermittlungen war ein Hinweis, wonach sich bewaffnete Personen in Wehrmachtsuniformen in einem Gebäude im Landkreis Biberach getroffen haben sollen. Die daraufhin mit Hochdruck geführten Ermittlungen der Kriminalpolizei Ulm ergaben einen Verdacht gegen weitere Personen. Demnach sollen die Tatverdächtigen, bei denen es sich um Männer und Frauen zwischen 27 und 77 Jahren handelt, mit Wehrmachtsuniformen und mit Waffen ausgestattet in einem Waldstück zusammen gekommen sein und unter anderem Kriegsszenarien nachgestellt haben. Ersten Ermittlungen zufolge sollen die Tatverdächtigen weder behördliche Genehmigungen zum Veranstalten dieser Treffen noch zum Führen der Waffen gehabt haben. Es besteht weiterhin der Verdacht, dass die Männer und Frauen auch Waffen, die unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fallen, benutzten und Kleidung trugen, auf denen verfassungsfeindliche Symbole angebracht sind.
Lastkraftwagen zum Abtransport der Waffen im Einsatz – Tatverdächtige auf freiem Fuß
Im Rahmen der am Donnerstag erfolgten Durchsuchungen beschlagnahmten die Ermittler unter anderem Computer, eine Vielzahl an Waffen, Munition, Uniformteile, Fahrzeuge und verfassungsfeindliche Symbole. Die Einsatzkräfte fanden überdies Granaten, für deren Begutachtung Sprengstoffexperten angefordert wurden. Im Landkreis Sigmaringen wurden zwei Zündkapseln unter Aufsicht der Fachkräfte kontrolliert gesprengt. Bei einem der Beschuldigten stellten die Ermittler außerdem Betäubungsmittel sicher. In den Landkreisen Esslingen, Sigmaringen und dem Rems-Murr-Kreis stellten die Ermittler eine solche Anzahl an Waffen sicher, dass zu deren Abtransport Lkw benötigt wurden.
Die Tatverdächtigen kamen wieder auf freien Fuß.
Folge uns!