Update: Statt der angekündigten tausend Neonazis kamen nur 250, höchstens 300 am 3. Juni nach Karlsruhe. Dagegen folgten über 4000 Nazi-GegnerInnen dem Aufruf des breiten Aktionsbündnisses und protestierten gegen den Aufmarsch der Rechten. Einziger Wermutstropfen: Über 100 DemonstrantInnen wurden von der Polizei durch Pfefferspray, Schlagstockeinsatz oder Tritte verletzt – und die Presse wurde immer wieder behindert. Ganz nach dem Motto eines Polizisten in Aktion gegenüber einem Mitarbeiter der Beobachter News: „Pressefreiheit ist mir scheißegal“. Für den 2. Juni 2018 kündigte die Neonazi-Szene trotz des Flops erneut einen „Tag der deutschen Zukunft“ in Goslar an.
Von unseren ReporterInnen und der Redaktion – Karlsruhe. Bis zu 1000 Neonazis werden am heutigen Samstag zum sogenannten „Tag der deutschen Zukunft“ in Karlsruhe-Durlach erwartet. Ein breites Protestbündnis von über 150 Organisationen hat aufgerufen, den Aufmarsch zu verhindern. Es sind Kundgebungen, Demonstrationen und Mahnwachen geplant. Die Polizei will über 3000 Beamte einsetzen und hält auch Wasserwerfer bereit. Schon am Vorabend gab es eine Demo gegen den Aufmarsch (siehe „Sponti am Vorabend des „TddZ““).
Wir berichten fortlaufend über das Geschehen rund um die Proteste und den Widerstand gegen den TddZ. Dabei wird immer die neueste Information oben
stehen.
18.25 Uhr:
Die Demo-Sanitätsgruppe Süd-West hat ihren Abschlussbericht vorgelegt. Sie hat die Proteste gegen den größten Naziaufmarsch 2017 in Kooperation mit anderen Organisationen sanitätsdienstlich begleitet.
Lena Schmidt, Pressesprecherin der Sanitätsgruppe Süd-West, fasst den Einsatz so zusammen: „Im Laufe des Tages mussten zirka 100 Patienten versorgt werden. Eine genaue Zahl konnte aufgrund der unübersichtlichen Situationen nicht dokumentiert werden. Deshalb ist auch von einer besonders hohen Dunkelziffer auszugehen. Insgesamt mussten vier Patienten an den Rettungsdienst übergeben werden, da eine Behandlung im Krankenhaus notwendig war. Ein Großteil der Verletzungen geht auf den massiven Pfefferspray- und Schlagstockeinsatz der Polizei zurück.“
Die Aufschlüsselung der Demosanitäter im Einzelnen:
– 4x Kollaps
– 1x starke Atemnot nach Schlag auf die Brust
– 1x Schmerzen nach Rotationstrauma beider Beine
– 1x Schlag ins Genick
– 1x Schmerzen aufgrund Wurf auf PKW-Motorhaube durch Polizei
– Verletzungen durch Pfeffersprayeinsatz
– Verletzungen durch Schlagstockeinsatz
18.20 Uhr:
Nach Polizeiangaben folgten nur 250 Anhänger der extremen Rechten dem Aufruf zum „Tag der deutschen Zukunft“. Die Ordnungsbehörden ließen nur drei der vorgesehenen Redner zum – unter ihnen Christian Worch, den Vorsitzenden der Kleinstpartei „Die Rechte“. Trotz des Flops scheint schon der nächste „Tag der deutschen Zukunft“ (TddZ) für den 2. Juni 2018 in Vorbereitung zu sein. Offenbar muss nach Dortmund und Karlsruhe nun Goslar damit rechnen, Schauplatz des alljährlichen Neonazi-Aufmarschs zu werden.
18.10 Uhr:
Polizei und Ordnungsbehörde äußern sich zufrieden mit dem Verlauf des Tages. Ihre Taktik habe sich als erfolgreich erwiesen. Karlsruhe habe Flagge für eine offene Gesellschaft gezeigt, jubelt die Stadtverwaltung auf ihrer Homepage in einem Bericht über die Protestveranstaltungen vom Vormittag.
17.55 Uhr:
Einige AntifaschistInnen ziehen zur Gefangegen-Sammelstelle in der Moltkestraße, um sich solidarisch mit Festgenommenen zu zeigen.
17.50 Uhr:
Die Teilnehmer der Neonazi-Demo sind vom Bahnhof aus wieder abgereist. Kessel und Blockaden sind aufgelöst, die Polizei zieht keine weiteren Nazi-GegnerInnen aus der Menge. Es sollen etwa 30 GegendemonstrantInnen festgenommen und achtzig durch Pfefferspray, Schläge oder Tritte verletzt worden sein.
17.25 Uhr:
Bei der Abschlusskundgebung sind dennoch etwa 1000 Leute.
17.20 Uhr:
Spontandemo in der Durlacher Allee mit rund 250 Leuten ist komplett von der Polizei umstellt. Sie dürfen nicht weiter zum Bahnhof. Auch Polizeireiter sind im Einsatz.
16.50 Uhr:
600 bis 700 GegendemonstrantInnen ziehen auf der Alten Weingartener Straße von der Neuensteinstraße in Richtung Abschlusskundgebung. Zuvor hatte es Diskussionen mit der Polizei gegeben, die den Demozug nicht auf die B 3 lassen wollte.
16.20 Uhr:
Das Aktionsbündnis zieht eine für die in Karlsruhe-Durlach versammelten Rechten vernichtende Bilanz, spricht von einem Flop der Neonazis. „Über 4000 Demonstranten aus Reihen des „Aktionsbündnis 3.6.2017“ machten am Samstag, 3. Juni, gegenüber 300 Neonazis deutlich: Karlsruhe ist und bleibt eine vielfältige, weltoffene und solidarische Stadt, heißt es in seiner Mitteilung.
Pressesprecher Elwis Capece: „Entgegen der von der Polizei befürchteten Gewaltaktionen ist die Demonstration durch die Durlacher Innenstadt bunt, kreativ und friedlich gewesen. Der Gang durch die Pfinztalstraße glich einem gemütlichen Nachmittagsspaziergang. Die Sorgen der Durlacher Geschäftswelt vor zerstörten Fensterscheiben und Ähnlichem war unbegründet und stützte sich auf die Fehleinschätzung der Polizei. Schön zu sehen war die Solidarität der Durlacher Bevölkerung, die vielen DemonstrantInnen mit Trinkwasser bei dem heißen Wetter ausgeholfen hat. Bei dem leider üblichen Gerangel zwischen Polizei und Gegendemonstranten wird wieder nicht zu klären sein, wer begonnen hat. Wir wünschen uns einen defensiven und deeskalierenden Polizeieinsatz, bei dem es nicht zu Verletzungen kommt.“
Viele Einschätzungen aus den sozialen Medien hätten von massiven Behinderungen von freien PressemitarbeiterInnen bei der Berichterstattung von der Demonstrationsroute der Neonazis berichtet.
16 Uhr:
Der Demozug der Rechten kehrt um und läuft zurück in Richtung Durlacher Bahnhof mit Parolen wie „Hier läuft der nationale Widerstand“ oder „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen.“
15.40 Uhr:
Die laute Musik aus einem Haus am Hengstplatz, wo Neonazis gerade eine Kundgebung abhalten, wurde offenbar von der Polizei gestoppt.
15.35 Uhr:
Es gibt Gerüchte, bei den vermeintlichen Neonazis, die sich in der Friedrich-Eberle-Straße unter die DemonstrantInnen gemischt und damit Tumulte ausgelöst hatten, hätte es sich um Zivilpolizisten gehandelt. Wir konnten das bisher nicht verifizieren.
15.20 Uhr:
Die Neonazis machen eine Zwischenkundgebung am Hengstplatz. Aus einem Haus dringt laute Rockmusik als Störaktion gegen die Rechten, deren Reden bei weitem übertönt werden.
15.10 Uhr:
In der Neusteiner Straße wurden Demo-Sanitäter nach eigenen Angaben von der Polizei angegriffen – ohne Rücksicht darauf, dass sie gerade Verletzte behandelten. Es gibt mehrere Fälle von gefährlichen Schlagstock-Schlägen ins Genick. Außerdem waren Kopfplatzwunden und Folgen von Pfefferspray-Einsatz zu beklagen. Die Betroffenen waren unterwegs zur Kundgebung an der Mahnwache 7 am Turmberg.
14.55 Uhr:
Die Polizei setzte nach Augenzeugenberichten massiv gegen Blockierende ein. Die Demosanitätsgruppe Südwest behandelte bereits mehrere Verletzte.
14.45 Uhr:
Die Rechten haben ihren Aufmarsch gestartet und sind jetzt auf der angemeldeten Strecke.
14.35 Uhr:
Die Neonazis machen sich zum Abmarsch bereit.
14.25 Uhr:
Im Moment ist es vergleichsweise ruhig. Die Rechten schwingen Reden. Losgelaufen sind sie noch nicht.
13.35 Uhr:
Es gibt eine Pressemitteilung des Aktionsbündnisses. Ihr zufolge sind insgesamt 4000 Nazi-GegnerInnen unterwegs.
Martin Kunzmann, Landesvorsitzender des DGB Baden-Württemberg, erklärt die Motivation vieler TeilnehmerInnen: „Heute stehen wir hier, weil sich bestimmte Leute wieder trauen, die Verbrechen der braunen Diktatur zu leugnen. Um nur ein Beispiel zu nennen: In Buchenwald sind rund 56 000 Menschen ermordet worden oder zu Tode gekommen. Unter ihnen viele Kinder und Jugendliche. In der NPD und anderen rechtsextremen Gruppierungen werden die Verbrechen, die die Nazis in Buchenwald begangen haben, dreist relativiert. Es ist zutiefst beschämend, dass Menschen, die in einer Demokratie aufgewachsen sind, die alle Freiheiten dieser Welt genießen, so etwas sagen. Deshalb ist unser Protest heute so wichtig! Deshalb bleiben wir wachsam.“
Das „Aktionsbündnis 3.6.2017“ nimmt mit Verwunderung zur Kenntnis, dass die Polizei anscheinend nur wenigen PressevertreterInnen den Zugang zur Demoroute der Neonazis in der oft beschworenen Stadt des Rechts ermöglicht. Viel zu berichten gibt es von dort anscheinend auch nicht, denn es sind bisher nur wenige Nazis angereist und bisher wurden die meisten RednerInnen wegen einschlägigen Vorstrafen nicht zugelassen.
13.30 Uhr:
Die Polizei stoppte eine Spontandemonstration von etwa 300 Nazi-GegnerInnen, die auf der Hubstraße unterwegs zu einer angemeldeten Kundgebung waren. Erst als der Versammlungsleiter von dort eintraf und mit den Einsatzkräften verhandelte, konnten sie weiterziehen. 300 bis 350 Menschen sind jetzt unterwegs zur Mahnwache in der Hubstraße.
Unterwegs mischten sich auch Neonazis unter die Demonstrierenden. Die Stimmung war zeitweilig aufgeheizt. Die Polizei ging auch Pressevertreter an. „In unserem Wirkungskreis habt Ihr nichts verloren“, fiel unter anderem. Inzwischen ist ein Teil der DemonstrantInnen in Richtung DGB-Kundgebung abgebogen.
13.10 Uhr:
Von der Mahnwache 8 in der Nähe des Markgrafen-Gymnasiums gab es einen Demo-Zug in Richtung Autobahnzubringer. Im Moment stehen sich Nazi-GegnerInnen und Polizei gegenüber, auch Pferde werden eingesetzt.
13.04 Uhr:
Schlagstockfreigabe. Es gibt Tumulte mit Nazis auf der B 3 in Richtung Grötzingen. Nazis fahren DemonstrantInnen an, es wurden Baseballschläger und Messer sichergestellt.
12.55 Uhr:
Etwa 450 Nazi-GegnerInnen ziehen spontan auf der B 3 in Richtung Norden.
12.50 Uhr:
Im Bereich Hubstraße blockieren Nazi-GegnerInnen die B 3.
12.50 Uhr:
Es sind etwa 200 Rechte vor Ort am Bahnhof Durlach. Von zuletzt 15 angemeldeten Rednern ließ das Verwaltungsgericht nur drei zu.
12.45 Uhr:
Vom Durlacher Bahnhof sind etwa 100 bis 150 Neonazis mit der Regiobahn zur Haltestelle Hubstraße unterwegs.
12.35 Uhr:
Die Polizei erlaubt nur 20 ausgewählten Pressevertretern, den Neonazi-Aufmarsch zu begleiten. Die anderen müssen ihre Berichterstattung auf die Gegendemos beschränken. Mögen auch zwei Journalisten der Beobachter News zu den Glücklichen gehören, die ausgewählt wurden: Die Einschränkung bedeutet eine erhebliche Behinderung der unabhängigen Berichterstattung und ist ein erheblicher Verstoß gegen die Pressefreiheit!
12.15 Uhr:
Die Polizei will Journalisten „aus Sicherheitsgründen“ nicht vor den Neonazis herlaufen lassen – und damit auch keine Fotos des Aufmarschs von vorne ermöglichen. Derzeit wird zwischen Pressevertretern und Verantwortlichen der Polizei darüber noch heftig debattiert.
12.10 Uhr:
Am Turmberg hat sich eine Spontan-Demo mit etwa 250 Nazi-GegnerInnen gebildet.
11.40 Uhr:
Nach neuesten Informationen sollen noch keine Rechten organisiert in der Stadt unterwegs sein. Sie werden um 12.15 Uhr erwartet. Ein Pressepulk soll sich dann in Polizeibegleitung in Richtung Aufmarschstrecke bewegen können. Überall sind antifaschistische Transparente zu sehen.
11.30 Uhr:
Zwei ReporterInnen der Beobachter News sitzen bei der Mahnwache in der Pforzheimer Straße fest. Die Polizei will sie nicht weiter in Richtung Bahnhof Durlach ziehen lassen. Da es Fotografen gäbe, die der Seite der Rechten oder der Linken zugehörig wären, bräuchten Journalisten einen Polizei-Pressesprecher als individuellen „Betreuer“. Die Kollegen mussten eine Dreiviertelstunde warten und machten sich dann auf den Weg zu einer anderen Mahnwache. Wir protestieren gegen diese Einschränkung der Pressefreiheit!
Die Kundgebung hat begonnen.
11.15 Uhr:
Der Karlsruher Hauptbahnhof ist derzeit gesperrt, weil ein verdächtiger Gegenstand gesichtet wurde. Das gab eine Sprecherin der Bundespolizei bekannt.
11.00 Uhr:
Vor der Bühne am Bahnhof Durlach sind jetzt etwa 500 Nazi-GegnerInnen. Vertreten sind etwa SPD, Linke, Jusos, Naturfreunde Durlach, IG BCE und DIDF.
Neun von zehn vorgesehenen Rednern der Neonazis hatten von der Versammlungsbehörde ein Auftrittsverbot erhalten, da polizeiliche Erkenntnisse über sie vorlägen (wir berichteten). Die Partei „Die Rechte“ hat per Eilantrag gegen das Redeverbot geklagt. Es wurde aber vom Karlsruher Verwaltungsgericht bestätigt.
10.45 Uhr:
Das Team der Beobachter News ist seit 8 Uhr in Karlsruhe vor Ort und jetzt in Karlsruhe-Durlach. Dort befinden sich etwa 200 Nazi-GegnerInnen. Die Bühne des Protestbündnisses ist aufgebaut, aber auch bereits die Bühne der Neonazis. Die Polizei hat weiträumige Absperrungen aufgebaut.
Vom Karlsruher Hauptbahnhof ist eine Gruppe von weiteren 100 Nazi-GegnerInnen unterwegs. Es gab auch schon erste Polizeikessel: In der Turmbergstraße werden 50 Protestierende festgehalten, die Polizei hat Verstärkung angefordert.
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