Heilbronn. Die Anti-Atom-Aktivistin Cécile Lecomte ist im Vollzugskrankenhaus Hohenasperg inhaftiert. Ihr sei trotz ärztlicher Verordnung die Einnahme von medizinischem Cannabis verweigert worden, teilen Unterstützer mit. Sie könne daher nachts nicht schlafen und habe starke Schmerzen. Des Weiteren sei sie wohl von einem Polizisten verletzt worden. Das Amtsgericht Heilbronn hatte am Donnerstag 11. April, während einer Gerichtsverhandlung über eine Ordnungswidrigkeit im Zusammenhang mit den Protesten gegen einen Atommüll-Transport auf dem Neckar eine dreitägige Ordnungshaft gegen Lecomte verhängt.
„Die Versorgung mit Medikamenten ist ein Menschenrecht. Wir fordern die Justiz Baden-Württemberg dazu auf, Cécile Zugang zu den benötigten Medikamenten zu gewähren. Wir fordern weiterhin die Freilassung von Cécile“, sagt Tamara Pohl von der Organisation „Robin Wood“, die scharf gegen die dreitägige , dass Ordnungshaft protestiert hat.
Schwimmender Protest
Vor dem Amtsgericht ging es um eine Ordnungswidrigkeit im Rahmen des Protests gegen den Castor-Transport auf dem Neckar im November 2017 (wir berichteten). Damals hatten AktivistInnen im Neckar schwimmend gegen den Schiffstransport von Atommüll von Obrigheim nach Neckarwestheim demonstriert. Lecomte soll der Roten Hilfe zufolge den schwimmenden Protest gegen den 4. Castortransport auf dem Neckar nach Auflösung der Versammlung nicht schnell genug verlassen haben, was ihr einer Gelenkerkrankung wegen nicht möglich gewesen sei.
Während der Verhandlung am Donnerstag verhängte der Vorsitzende Richter Michael Reißer gegen die unter dem Spitznamen „Eichhörnchen“ bekannte Aktivistin Cécile Lecomte die Ordnungshaft. Die Rote Hilfe sprach von einem „skandalösen Prozesstag“. „Robin Wood“ zufolge hatte Lecomte zuvor mehrfach probiert, Befangenheitsanträge gegen den Richter zu stellen. Dies habe er unterbunden und zunächst „nur“ ein Ordnungsgeld angeordnet. Laut Roter Hilfe sei der Beschuldigten in dieser „angespannten Willkür-Situation ein wenig vornehmes Wort“ herausgerutscht.
Aus Ordnungsgeld wird Ordnungshaft
Zugleich habe der Richter eine Pause angeordnet und den Raum verlassen, obwohl die Aktivistin, die sich selbst verteidigte, weitere Anträge stellen wollte. Als der Richter nach der Pause wieder den Saal betrat, habe er erklärt, dass das Ordnungsgeld aufgehoben sei und die Aktivistin stattdessen für drei Tage in Ordnungshaft genommen werde. Die ZuschauerInnen seien daraufhin aus dem Saal entfernt und Lecomte verhaftet worden.
„Robin Wood“ fordert, sie umgehend freizulassen. „Es ist für eine Demokratie mehr als bedenklich, wenn Menschen in Haft genommen werden, weil sie das Grundrecht auf ein faires Verfahren einfordern“, so Sven Schupp von „Robin Wood“.
BBU: Haftstrafen lösen kein Atommüllproblem
Auch der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) hatte sich damals gegen den gefährlichen Atommüll-Transport ausgesprochen. Mit großem Unverständnis reagiert der BBU auf die erfolgte Inhaftierung und erklärte, dass dies für die Anti-Atomkraft-Bewegung nicht hinnehmbar sei. „Wichtiger wären endlich durchgreifende Maßnahmen gegen die weitere Produktion von Atommüll in Atomkraftwerken und in Uranfabriken“, kritisiert BBU-Vorstandsmitglied Udo Buchholz.
Das Bündnis Neckar castorfrei erklärte, es handle sich „um einen typischen politischen Prozess, in dem man für seine Gesinnung bestraft wird.“
Der erste Prozesstag am 28. März hatte nach 5-stündiger Verhandlungsdauer wegen Erschöpfung der schwer behinderten Beschuldigten abgebrochen werden müssen und der Prozess wurde dann am Donnerstag, 11. April, fortgesetzt (siehe hierzu „Grundrechte vom Wetter und von der Laune eines Amtsrichters abhängig?“ und „Kreative Proteste gefährlicher als radioaktive Fracht?„).
Unsere bisherige Berichterstattung zu den Castortransporten und den Protesten gibt´s hier.
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