Schwäbisch Gmünd. Trotz Kälte und kurzer Mobilisierungszeit kamen am Dienstagabend, 3. März, rund 200 Menschen vor dem Congress Zentrum in Schwäbisch Gmünd zusammen, um ein Zeichen gegen die AfD, gegen rechte Hetze und Gewalt zu setzen. Zu der Kundgebung unter dem Motto „Rechten Terror stoppen wo er entsteht – Kein Raum den geistigen Brandstiftern wie der AfD“ aufgerufen hatten das Bündnis „Aufstehen gegen Rassismus“ Schwäbisch Gmünd und das Offene politische Treffen Schwäbisch Gmünd. Felix Schurr begleitete die Kundgebung musikalisch. Als Zeichen praktischer Solidarität wurden 600 Euro für die Versorgung von Geflüchteten in Nordsyrien gesammelt, so das Offene politische Treffen Schwäbisch Gmünd.
Mehrere RednerInnen gingen auf den Rechtsruck in Deutschland und die Rolle der AfD ein. Der Ortsverband Schwäbisch Gmünd der Linken betonte, dass die AfD als Partei unwählbar sei. Ihr Wirtschaftsprogramm, nahm die Linke Bezug auf das Thema des „Bürgerdialogs“, zu dem die AfD an diesem Abend mit wenig Resonanz in den Stadtgarten eingeladen hatte, sei ein Programm nur für die oberen Zehntausend. Die Jugendkulturinitiative Schwäbisch Gmünd ging auf die Frage nach der Zukunft der Kinder ein. Die AfD hatte sie bei der Werbung für ihren „Bürgerdialog“ gestellt. Die Initiative sprach sich in ihrer Rede gegen Rassismus, Krieg und für Umweltschutz aus, um eine gute Zukunft für alle Menschen garantieren zu können.
Peter Müller von der IG Metall Schwäbisch Gmünd zog eine Verbindungslinie von rechten Morden und Terrornetzwerken zu Aussagen, Programmatik und Anfragen der AfD und veranschaulichte den Zusammenhang durch Zitate von AfD-Politikern. Darüber hinaus rief Müller dazu auf, sich auch in den Betrieben klar gegen rechte Vereinnahmungs- und Spaltungsversuche zu stellen.
Schwäbisch Gmünd als sicherer Hafen
Der AK Asyl griff in seiner Rede Schwäbisch Gmünd als sicheren Hafen auf und lobte den Einsatz der Stadtgemeinschaft für die Aufnahme von Geflüchteten. Dennoch dürfe man nicht vergessen, dass es auch in Schwäbisch Gmünd in der Unterkunft auf dem Hardt gebrannt habe und dass der Weg zum sicheren Hafen nicht frei von Widersprüchen verlief. Dennoch gehe es darum, sich auch angesichts der aktuellen Situation an den türkisch-griechischen Grenzen seiner Verantwortung bewusst zu werden.
Das Offene politische Treffen Schwäbisch Gmünd wies in seiner Rede (siehe unten) ebenfalls auf das aktuelle Elend an den EU-Außengrenzen hin und rief zur Unterstützung auf. Jetzt sei es an der Zeit, dass Schwäbisch Gmünd als sicherer Hafen Geflüchtete aufnimmt. Selbst die kriegsgebeutelte nordsyrische Autonomieverwaltung habe nach den Angriffen auf Idlib bereits über 1500 geflüchtete Familien aufgenommen. Dabei mache diese Region allen vor, was eigentlich der Auftrag aller wäre.
„Links und Rechts nicht gleichsetzen!“
Zur Unterstützung der Region in der Versorgung der Geflüchteten rief das Offene politische Treffen dazu auf, Spenden zu sammeln, um nicht nur symbolisch die Gewalt zu verurteilen und die Forderung nach Aufnahme der Geflüchteten zu stellen, sondern um bereits von der Kundgebung ein konkretes Zeichen der Solidarität ausgehen zu lassen. Bei der Kundgebung wurden 600 Euro gespendet, die jetzt an die Hilfsorganisation „kurdischer roter Halbmond“ überwiesen werden.
Abschließend sprach das Bündnis „Aufstehen gegen Rassismus“ Schwäbisch Gmünd und kritisierte den Rückgang des Engagements vieler, die sich zur Gründungszeit dem Bündnis angeschlossen hatten. Gerade jetzt sei es wichtig, sich klar zu positionieren und einzubringen, damit Schwäbisch Gmünd auch weiterhin eine offene Stadt bleibt. Die andauernde Gleichsetzung von Links und Rechts sei dabei nicht hilfreich und inhaltlich nicht haltbar. Die vermeintliche Mitte selbst sei nach rechts gerutscht. Da gelte es, dagegen zu halten. Hierfür wurden im Nachgang der Kundgebung viele Kontakte gesammelt und öffentlich zum nächsten Treffen des Bündnisses eingeladen.
Die Rede des Offenen politischen Treffens GD auf der Kundgebung im Wortlaut:
„Liebe Gmünderinnen und Gmünder,
heute hält die Alternative für Deutschland erneut eine Veranstaltung hier im Congress Centrum ab. Dies empört uns besonders mit Blick auf die vergangenen Wochen und Monate. Denn während Rechte rund um die AfD ihre menschenfeindliche Ideologie in Medien und Parlamenten weiter verbreiten, wurden aus genau diesen Worten und Inhalten, schreckliche Realität.
• Am 2.Juni 2019 wurde der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke von Nazis ermordet.
• Am 9. Oktober 2019 wurde ein antisemitischer Anschlag auf eine Synagoge in Halle verübt, bei welchem zwei Menschen erschossen wurden.
• Erst am 14. Februar 2020 wurde ein bundesweites Netz von Faschisten, die sogenannte Gruppe S, ausgehoben. Deren Gründungstreffen fand, nur ungefähr 15 Minuten Fahrminuten von hier entfernt, in Alfdorf statt. Diese Gruppe hatte schon genaue Anschlagsziele, darunter PolitikerInnen, AntifaschistInnen, Muslimische Menschen und Geflüchtete formuliert wie auch Waffen zur Umsetzung ihrer Pläne beschafft.
• Am 21.Feburar dann der rassistische Anschlag in Hanau, bei dem 9 Migrantinnen sowie die Mutter des Täters ermordet wurden.
Diese und weitere Taten sind nicht nur Ausdruck eines Rechtsruckes innerhalb unserer Gesellschaft, sondern auch der permanenten Stimmungsmache von geistigen Brandstifter wie der AfD. So wurden in letzter Zeit Shisha- Bars Ziel von Hetze durch die AfD. Bei der Tat in Hanau wurden gezielt Shisha- Bars angegriffen. Auch wenn die AfD-Partei jetzt wieder jegliche Schuldzuweisung von sich weist und sich in der Opferrolle sieht wurde wieder einmal deutlich: Die AfD dient als Nährboden für rassistische Taten! Wenn wir rechten Terror stoppen und weiteres Morden verhindern wollen – müssen wir uns dem dort entgegenstellen wo er beginnt – bei den vergifteten Debatten der Afd!
Heute lädt die AfD zum Thema „Den wirtschaftlichen Abstieg verhindern“. Wie die möglichen Punkte zur Verhinderung des wirtschaftlichen aber auch sozialen Abstiegs aussieht, können aus dem Parteiprogramm entnommen werden:
Abbau von Arbeitnehmerinnenrechten, Kürzungen von Sozialleistungen oder Erhöhung des Renteneintrittsalters, Streichen von Leistungen für Alleinerziehende, weiteres Vorantreiben von Privatisierungen des Immobilienmarktes, Steuersenkungen für Unternehmen usw.
Wir als Antifaschistinnen und Antifaschisten müssen deutlich machen, dass die AfD nicht nur als gesellschaftlicher Hetzerin agiert, sondern mit ihrer Politik ebenso für schlechtere Lebensbedingung für alle sorgt. Wir gehen Ihnen in ihrer Selbstdarstellung als vermeintliche Vertreter des sogenannten kleinen Mannes nicht auf den Leim!
Auch durch die von uns mitgetragene große Kampagne „Schwäbisch Gmünd für Solidarität und Vielfalt – Deine Stimme gegen Rechts“, anlässlich der Gemeinderatswahlen hier in Schwäbisch Gmünd letztes Jahr und durch die zahlreiche Beteiligung verschiedenster gesellschaftlicher Akteure, von Einzelpersonen, Gaststätten, Kulturvereinen, Gewerkschaften und Parteien konnte verhindert werden, dass die AfD in Gmünd eine Liste aufstellt. Daran gilt es jeden Tag anzuknüpfen! Wir wollen keine AfD, keine rechte Hetze und keinen Hass in unserer Stadt!
Und auch angesichts aktuellen Entwicklungen der Flüchtlingssituation in der Türkei und Griechenland ist es wichtig dies deutlich klar zu machen, wir stehen in Solidarität mit den Geflüchteten!
Seit dem Wochenende gehen Militär und Polizei an den EU Außengrenzen gewaltsam gegen Geflüchtete Menschen vor – Sie beschießen die Familien und Kleinkinder, die größtenteils aus den Kriegsgebieten Syriens geflohen waren mit Tränengas und Wasserwerfern, in Lesbos nahmen Rechte die Außerkraftsetzung des Asylrechts durch Griechenland als Freibrief um Geflüchtete zu verprügeln, und Menschen nicht ans Land zu lassen. Ein UN-Flüchtlingszentrum wurde angezündet. Das griechische Militär macht Schießübungen auf den Inseln der Ost Ägäis zur Vorbereitung der Verstärkung der Grenzen, ein Kind starb gestern morgen im Meer vor Lesbos als die aus der Türkei kommenden Geflüchteten durch ihr eigenes Kentern versuchten von der griechischen Küstenwache aufgenommen zu werden. Erdogan selbst hatte den von der Türkei aufgenommenen Geflüchteten aus Syrien, Afghanistan und dem Iran gesagt dass sie in die EU einreisen können. Es wurden organisierte Busse aus den migrantischen Vierteln der Türkei beobachtet. Die Türkei missbraucht damit das Elend der Menschen im Krieg um Einfluss in Syrien. Und die EU erhöht als Reaktion darauf die Frontex Einheiten um die Grenzen militärisch zu verstärken und gegen die Menschen vorzugehen. Auch diese Abschottung ist ein Ausdruck einer zunehmenden Rechtsentwicklung.
Im Jahr 2015 als viele Geflüchtete nach Deutschland kamen, war die AfD die Partei die den Hass gegen Geflüchtete schürte und mit ihrer Hetze Spaltung in die Gesellschaft trug. Sie kanalisierte reale wirtschaftliche Nöte mit dem Schaffen des Feindbilds Flüchtling und ging darüber auf Stimmenfang.
Angesichts der Entwicklungen in Griechenland und der Türkei, dürfen wir es nicht wieder zulassen, das Parteien wie die AfD das Elend der Menschen nutzt um ihre menschenverachtende Parolen zu verbreitern! Und gleichzeitig wir dürfen es nicht zulassen, dass Menschen an den Grenzen durch die militärische Abschottungspolitik der EU sterben!
Nach den Angriffen auf die nordsyrische Stadt Idlib am Wochenende hat die kurdische Autonomie Verwaltung in Nordsyrien bereits über 1500 geflüchtete Familien aufgenommen und zeigt sich bereit weitere aufzunehmen. Dabei ist die Autonomieverwaltung selbst immer wieder Angriffsziel der Türkei – zuletzt in den Auseinandersetzungen zur Zerschlagung der demokratischen Föderation Rojava im Oktober 2019. Trotz dieser eingeschränkten Möglichkeiten nimmt die Autonomieverwaltung Geflüchtete auf, bringt sie in Camps unter und kümmert sich um deren grundlegende Versorgung mit Lebensmitteln und im Gesundheitsbereich. Damit macht die Kriegsgebeutelte Region uns das vor was unser aller Auftrag wäre!
In Deutschland, gibt es insgesamt 138 Städte die sich der Seebrücke für sichere Häfen angeschlossen haben und sich bereit erklärt haben Geflüchtete aufzunehmen. Auch Schwäbisch Gmünd ist seit Dezember letzten Jahres so ein sicherer Hafen. Jetzt ist Zeit zu handeln! Wir fordern die Geflüchteten aufzunehmen! Und um bereits von dieser Kundgebung ein Zeichen konkreter Solidarität ausgehen zu lassen rufen wir alle dazu auf für die Hilfsorganisation kurdischer roter Halbmond zu spenden um die nordsyrische Autonomieverwaltung in ihrer Arbeit zu unterstützen.
Rechten Terror stoppen wo er entsteht!
Fluchtursachen bekämpfen und nicht die Menschen!
Kein Mensch ist illegal!“
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