Von Sahra Barkini – Freiburg. Zum CSD (Christopher Street Day) in Freiburg am 24. Juni kamen viel mehr Menschen als im vergangenen Jahr. Die Veranstalter*innen sprachen von 23 000 Teilnehmer*innen. Die Pride angeführt hat „das vermummte Schwarzwaldmädel“. An dieser Figur entbrannte im Vorfeld ein Streit zwischen konservativen Parteien und Organisationen und der Orga des CSD Freiburgs. Sie bleib ihrer Haltung und machte deutlich, dass Antifaschismus und queere Rechte untrennbar sind.
Beleidigte Akteur*innen versuchten, in den sozialen Medien Stimmung gegen den CSD zu machen. Sie erreichten aber mit ihrer Hetze nichts. Es ist unwahr, dass keine politischen Parteien mitlaufen durften. Die Grünen, die SPD und die Linke beteiligten sich. Die LSU und die FDP sagten ihre Teilnahme ab, weil sie ebenso wie die IG CSD Stuttgart und der LSVD Baden-Württemberg ein Problem mit dem Logo der Antifaschistischen Aktion hatten (siehe unseren Bericht „Stonewall was a Riot und kein buntes Familienfest„).
Nach der Parade gab es nach queerfeindlichen Pöbeleien gegen Kundgebungsteilnehmer*innen eine Festnahme. In diesem Zusammenhang kam es auch zu einer Behinderung der Pressearbeit durch die Polizei. Jörg Reichel von der Deutschen Journalistinnen- und Journalistenunion dju Berlin-Brandenburg schrieb auf Twitter: „Eine Beschlagnahme der Kamera und SD-Karte konnte verhindert werden. Gegen die Journalistin hat die Polizei Freiburg zudem Anzeigen (wg. Strafvereitelung & Aufnahme des nicht öffentlich gesprochenen Wortes) gestellt.“
Weit mehr Gruppen als im Vorjahr nahmen an der Parade teil. So fuhren zehn große Wagen und vier Lastenräder mit Musik mit. Und auch 28 Fußtruppen beteiligten sich. Die Teilnehmer*innen waren oftmals gehüllt in Regenbogenflaggen oder trugen Schilder mit politischen Botschaften. Stonewall, der Ursprung des CSD, war Thema, und auch „Protect Drag“ sowie immer wieder die Antifa-Flagge.
„In Freiburg bleibt der CSD damit – mehr als in anderen deutschen Städten – eine hochpolitische Demonstration“, hieß es in einer Veröffentlichung von „Freiburg gegen Faschismus“. Und weiter: „Inhaltliche Forderungen, Solidarität untereinander und eigenständige, vielfältige Ausdrucksformen standen im Vordergrund. Auf kunstvoll gefertigten Bannern ebenso wie auf schlichten Papp-Plakaten formulierten die unterschiedlichen Gruppen und Einzelpersonen ihre Forderungen – vom Recht auf Selbstbestimmung („Ich weiß, wer ich bin! Wer Dich negiert, spürt unseren Zorn.“) über den Wunsch nach mehr Schutz von trans Personen und Drag-Kultur („Mein Herz schlägt für Freiburg – Warum können Queers dort nicht leben wie in Berlin?“) bis hin zu selbstempowernden Botschaften („Respect, Dignity And Love For All“ – „Respect Our Existence Or Expect Our Resistance“).
Die ausdrückliche und glasklare Positionierung gegen die bürgerlich-kapitalistische Vereinnahmungsstrategie war mutig und angesichts des anhaltenden Aufschwungs reaktionärer und faschistischer Kräfte richtig. Dieser Wunsch war vielfach zu lesen („Queer Liberation – No Rainbow Capitalism“) und zu hören. Nicht zuletzt wurde auch die autoritäre gesellschaftliche Entwicklung thematisiert. Sprechchöre erinnerten daran, dass der CSD aus einer Auflehnung der brutal verfolgten New Yorker LGBTQI+-Community hervorging („Stonewall Was A Riot – We Will Not Be Quiet“). Einzelne Plakate forderten die Passant*innen auf sich mit der zunehmenden Repression linker und selbstbestimmter Subkulturen („No Cops At Pride“) wie auch dem allgemeinen Vormarsch bewaffneter vor ziviler Konfliktlösung („Darf’s noch ein bisschen mehr Polizei sein?“) auseinanderzusetzen.“
Friedliche Demonstration, doch zuletzt Festnahmen
Die Polizei hielt sich während der Demonstration im Hintergrund und beschränkte sich meist auf das Regeln des Verkehrs. Sie trat auch im Gegensatz zur Vorabenddemo nicht in „Kampfmontur“ auf. Die Demo-Organisator*innen erklärten in ihrer Rede, dass der Freiburger CSD schon immer antifaschistisch war. Und Oberbürgermeister Martin Horn betonte den Zusammenhalt Freiburgs. Trotz diverser Unkenrufe im Vorfeld sei es eine absolut friedliche Demonstration gewesen.
Allerdings kam es dann am Rande der Abschlußkundgebung doch noch zu brutalen Festnahmen und auch zu einer Personalienfeststellung bei einer Journalistin. Lzo.media schreibt: „Am Rand der Abschlusskundgebung kam es dann zu beleidigenden Äußerungen eines Passanten. Mehrere Personen, die sich dem entgegenstellten, wurden von der Polizei in eine Maßnahme genommen. Die Polizist*innen wendeten teils massiv Gewalt gegen die Teilnehmer*innen des CSD an, der Passant konnte nach bisherigen Informationen ohne Aufnahme von Personalien gehen. Einer Person in der Maßnahme wurde Körperverletzung vorgeworfen, einer anderen die Verweigerung der Personalien. Außerdem soll sich die Person gegen den polizeilichen Einsatz gewehrt haben, weshalb ebenfalls der Vorwurf des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte im Raum steht. Eine dritte Person, die lautstark gegen die Festnahme der zwei Personen protestierte, wurde schließlich ebenfalls festgenommen. Vorwurf: versuchte Gefangenenbefreiung. Auch diese Festnahme fand gewaltvoll statt. Zwei Personen waren verletzt und bluteten, während sie mit dem Kopf auf den Boden gedrückt wurden. Obwohl schnell ersichtlich war, dass ärztliche Hilfe benötigt wird, kam es erst deutlich später zur Versorgung der Verletzten.“
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