Von unseren ReporterInnen – Rudersberg. Die rechten Farbattacken müssen ein Ende haben: An die 100 Menschen zeigten am Samstag, 15. Dezember, vor dem Rathaus von Rudersberg ihre Solidarität mit dem Herausgeber und Chefredakteur der Beobachter News. Ende November hatte es einen vierten Farbanschlag auf Wohnhaus und Auto des Journalisten gegeben. Zu der Versammlung lud das Bündnis Zusammen gegen Rechts Rems-Murr ein.
Auf der immer wieder mit Musik aufgelockerten Kundgebung am kalten frühen Vormittag gab es Grußworte unter anderem vom DGB Rems-Murr, der DJU in Verdi, vom Offenen Antifaschistischen Treffen Rems-Murr, der Linkspartei und Pfarrer Jochen Elsner. Außerdem sprachen die Veranstalter und Alfred Denzinger selbst.
Er nannte geistige Brandstifter und beschrieb die Rolle der Polizei. Besonders bedauerte er, selbst noch nicht ausführlich befragt worden zu sein – ebenso wenig wie Zeugen, die sich nach seinen Informationen gemeldet haben. „Ich werde mich durch nichts uns niemanden einschüchtern lassen“, kündigte er an – „weder durch Neonazis noch durch Polizeirepressionen“. Er werde seine Arbeit nach jedem Angriff noch überzeugter fortsetzen.
Zu der Kundgebung hatte das Bündnis Zusammen gegen Rechts Rems-Murr eingeladen. Es verlas eine Solidaritätserklärung, die bis zum Samstag von 42 Organisationen und 95 Einzelpersonen unterzeichnet wurde (siehe unten). Zum Abschluss der von Pressesprecher Tim Neumann moderierten Kundgebung wurde ein Gruppenfoto gemacht, um die Solidarität mit Alfred Denzinger zu unterstreichen. Viele RednerInnen und KundgebungsteilnehmerInnen wunderten sich, dass die Polizei die Täter noch nicht ausfindig gemacht hat.
„Ein Angriff auf die Menschenwürde“
Erste Rednerin war Christa Walz, Kreisvorsitzende des DGB Rems-Murr. Der Angriff auf das Haus und den Wagen Alfred Denzingers, dessen „mutiges Eintreten gegen Rassismus, jede Form von Faschismus und Krieg“ bekannt sei, sei eine kriminelle Tat und ein Anschlag auf einen „engagierten Mitbürger“. Gleichzeitig würden demokratische Grundrechte verletzt. Es handle sich um einen Angriff auf die Menschenwürde, auf die Presse- und Versammlungsfreiheit, erklärte sie. Demokratie sei nur lebendig, wenn kritische Stimmen zu Wort kommen und geschützt seien. Gerade im Rems-Murr-Kreis brauche man Journalisten wie Alfred Denzinger, „die die blinden Flecken in staatlichem Handeln und in der Gesellschaft aufzeigen“.
Walz forderte „eine rasche Festsetzung“ der Täter und ihre Verurteilung. „Als Gewerkschafter verurteilen wir jede Form von Bedrohungen und Gewalt gegen Menschen“, erklärte sie. Sie zitierte aus einer Resolution der DGB Kreis- und Stadtverbände vom 24. Oktober dieses Jahres. Demnach gehörten der Kampf gegen Rechts und das Eintreten für eine solidarische, beschäftigtenorientierte und demokratische Politik untrennbar zusammen.
Zuletzt erinnerte Christa Walz an die zum Teil unrühmliche Geschichte Rudersbergs. So gab es etwa ein Frauenlager. Einige der Frauen wurden in Vernichtungslager gebracht. Einer Fraueninitiative gelang es 1983, einen selbst finanzierten Gedenkstein zu setzen. Dort legte Walz mit weiteren Gewerkschaftern nach der Kundgebung ein Bukett nieder. „Die Gemeinde Rudersberg braucht keine Nazischmierereien, keine menschenverachtenden Hetzparolen und keine rechten Straftaten“, stellte sie klar.
„Die Pressefreiheit wird zunehmend bedroht“
Landesvorstandsmitglied Renate Angstmann-Koch sprach für die dju (Deutschen Journalistinnen- und Journalisten Union) in Verdi, die über 22 000 Mitglieder hat. Alfred Denzinger werde von Neonazis bedroht, weil er „gewissenhaft und mit klarer Haltung“ seine journalistische Arbeit mache und unter anderem die Aktivitäten extrem Rechter dokumentiere. „Für die Verächter einer demokratischen, sozialen, gerechten und offenen Gesellschaft scheint das unerträglich zu sein“, erklärte sie. Erschreckend sei nicht nur, dass die Täter bei ihren Schmierereien in der ganzen Umgebung keine Skrupel kennen, sondern auch, dass sie sich bei ihren nächtlichen Attacken offenbar sicher fühlten: „Die Aktivitäten der Polizei haben bisher keinen Eindruck auf sie gemacht.“
Angstmann-Koch verwies darauf, dass die Pressefreiheit weltweit, aber auch hierzulande bedroht sei. Als aktuelles Beispiel nannte sie die Ermittlungen gegen den Chefredakteur von Correctiv Oliver Schröm wegen angeblicher Anstiftung zum Verrat von Geschäftsgeheimnissen bei Recherchen zum Cum-Ex-Skandal. Auch der Ausschluss von 32 Journalisten von der Berichterstattung über G20 im Juli 2017 in Hamburg oder „dubiose Praktiken der Überwachung und Datenspeicherung“ seien Beispiele staatlicher Repression.
Zunehmend versuchten überdies Kräfte wie die AfD, Journalisten auf juristischem Weg einzuschüchtern, und es häuften sich Übergriffe gegen Reporter auf Pegida-Kundgebungen oder „Demos für Alle“ wie in Stuttgart. „Meine Gewerkschaft erwartet in solchen Fällen, dass sich die Polizei schützend vor die Vertreter der Medien stellt“, erklärte die Rednerin: „Leider ist das längst nicht immer der Fall.“ Sie forderte Denzinger auf, standhaft zu bleiben und sich nicht einschüchtern zu lassen: „Journalisten wie er werden dringend gebraucht“.
„Aufarbeitung verlief nicht immer korrekt“
Reinhard Neudorfer, Sprecher des Kreisvorstands der Linken Rems-Murr, hielt sich kurz. Man habe als Linke den Kampf gegen alte und neue Nazis selbstverständlich immer unterstützt. Die Aufarbeitung der NS-Geschichte sei in Rudersberg nicht immer korrekt verlaufen. Als die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen in den achtziger Jahren ihre Gedenkstein-Initiative bildete, seien die Diskussionen im Gemeinderat zum Teil mit widerwärtigen Argumenten geführt worden. Dies scheine sich jetzt jedoch zu ändern. Im Namen des Kreisvorstands der Linken übergab Neudorfer den Beobachter News eine Spende für ihre Arbeit.
„Ihr alle, haltet zusammen“
Jochen Elsner, früher Pfarrer in Rudersberg, jetzt in Allmersbach, kennt Alfred Denzinger noch aus seiner Zeit als erfolgreicher Geschäftsmann. Er habe miterlebt, wie er seine „ganze Kraft und sicher auch Geld“ in seine politische Arbeit eingebracht habe. „Ich finde die Anschläge und Bedrohungen, die Angst machen sollen, entsetzlich“, sagte Elsner. Er freue sich über alle, die sich für eine solidarische und gerechte Gesellschaft einsetzen, und hätte sich gewünscht, dass noch mehr seiner früheren Gemeindemitglieder „aus nachbarschaftlicher, kollegialer oder bürgerschaftlicher Solidarität“ bei der Kundgebung gewesen wären.
Es gehe auf Weihnachten zu. „Wir feiern, dass ein Kind ganz ärmlich geboren wird. Dass er als Flüchtling unterwegs war.“ Daraus leite man ab, „dass wir auch heute deutlich Position beziehen müssen“. Wer Weihnachten feiert, könne die Augen vor der sozialen Not hierzulande und an anderen Orten der Welt nicht verschließen – und nicht die Türen verschließen „vor Flüchtlingen, vor Menschen, die Schutz und Sicherheit suchen auch bei uns“.
„Alfred ist einer von denen, die sich für diese Werte stark machen. Und dafür wollen ihm nun andere Angst machen“, sagte der Pfarrer. „Wie ich den Alfred kenne, lässt er sich nicht einschüchtern. Alfred, danke. Alfred, mach weiter“, schloss Elsner seine Rede unter Beifall mit einem Appell: „Ihr alle, haltet zusammen.“
„Rechte Hetze bildet den Nährboden“
Dieter Böttcher sprach für das gastgebende Bündnis Zusammen gegen Rechts (siehe die Rede unten im Wortlaut). Der nunmehr vierte Farbanschlag erfordere „ein noch entschlosseneres und effektiveres Vorgehen gegen Rassismus und rechte Hetze“. Sie bildeten einen Nährboden für faschistische Aktionen und schüfen ein gesellschaftliches Klima, in dem sich Faschisten ermutigt fühlten zur „Gewalt gegen Migrantinnen und Migranten, Journalistinnen und Journalisten, Linke und alle anderen, die nicht in ihr krudes Weltbild passen“.
Entschieden trat Böttcher dem oft zu hörenden Rat entgegen, rechte Aktivitäten nicht überzubewerten. Verharmlosung und Vertuschung ermutige Faschisten zur Steigerung ihrer Angriffe. „Ein Problem löst sich nicht, indem man es ignoriert, das ist eine Binsenweisheit. Vor allem löst Wegschauen keine Probleme, die reale Hintergründe haben“, warnte Böttcher: „Die Unzufriedenheit der Menschen, die seit Jahren mit ansehen müssen, wie soziale Sicherungssysteme abgebaut werden, die Wohnungen immer teurer werden, die Rente nicht reicht oder man zwei Jobs braucht um über die Runden zukommen, das ist Realität in Deutschland und auch hier im Rems-Murr-Kreis.“
Er verwies darauf, dass es die Rechten geschafft hätten, ihr Medienangebot durch Geldspenden aus finanzkräftigen Kreisen hochzurüsten. Sie kanalisierten damit die Wut über gesellschaftliche Probleme und lenkten sie auf Menschen, die nicht für sie verantwortlich sind wie Geflüchtete.
„Rechten Parolen auch im Alltag entgegentreten“
Eine Vertreterin des Offenen Antifaschistischen Treffens (OAT) Rems-Murr sprach von einem „feigen Naziangriff“. Nirgendwo stellten sich die ANRM (Autonomen Nationalisten Rems-Murr) öffentlich der Diskussion. Die Täter seien schon länger aktiv. Man sollte meinen, dass es in Zeiten moderner Massenüberwachung und erweiterter Polizeibefugnisse ein Leichtes sei, solchen Störern das Handwerk zu legen. „Wir glauben nicht, dass die Möglichkeiten dazu fehlen“, sagte die Rednerin: „Wohl aber der Wille.“
AntifaschistInnen könnten sich im Kampf gegen Rechts „nicht auf staatliche Behörden verlassen“. Zu ihren Aufgaben gehörten auch das Sammeln von Informationen und öffentliche Aufklärung. Auch im Alltag sei Widerstand wichtig, sagte die Rednerin: „Entfernt rechte Propaganda, widersprecht rechten Stammtischparolen und seid solidarisch mit Opfern rechter Gewalt.“
„Es gibt geistige Brandstifter“
Zuletzt sprach Alfred Denzinger selbst (siehe unten im Wortlaut). Die „kriminelle Vereinigung“ der ANRM werde von „geistigen Brandstiftern“ angefeuert. Es gebe „zwei Hauptakteure, aber auch weitere faschistische Anheizer“. Zum einen mache die AfD Stimmung gegen die Beobachter News und ihn selbst. Das reiche von einer Anzeige gegen ihn „bis hin zu völlig absurden parlamentarischen Anfragen zu den Beobachter News und mich persönlich“.
Ein weiterer geistiger Brandstifter sei der Anführer von „Fellbach wehrt sich“. Er hetze seit Jahren öffentlich gegen Denzinger und die Beobachter News. „Er verbreitet Fotos von meiner Person im Internet. Er betitelt mich als ‚Terrorist‘ und benennt die Redaktionsräume der Beobachter News in Schlechtbach als ‚Terrorzentrale‘. Er veröffentlicht neben meinem Namen auch die Adresse der Redaktion und meine Privatanschrift.“ Diese Aktivitäten seien aus seiner Sicht „die Hauptauslöser der Anschläge auf mich“.
Womöglich eine „Interessenkollision“
Enttäuscht zeigte sich Denzinger von der Polizei. „Durch unsere journalistische Tätigkeit wird von uns öfters grenzwertiges Verhalten von Polizeibeamten dokumentiert. Dadurch haben wir in Polizeikreisen nicht gerade einen besonders guten Ruf“, erklärte Denzinger. Es habe bereits körperliche Angriffe von Polizisten auf Reporter der BN gegeben, aber auch „regelmäßiges Wegschauen“ bei Übergriffen von Neonazis oder die Weigerung, Anzeigen gegen Neonazis entgegenzunehmen.
Überdies sammle die Polizei angeblich von ihm begangene Straftaten in einer „internen“ Datensammlung. Die „erfundenen Straftaten“ reichten von Sachbeschädigung und Widerstand gegen Vollzugsbeamte bis hin zu „gefährlicher Körperverletzung“. Dabei habe nicht einmal der Anzeigeerstatter behauptet, verletzt worden zu sein. Dennoch habe ein Staatsschutzbeamter „gefährliche Körperverletzung“ in seine Akte eingetragen, sagte Denzinger: „Dieser Vorwurf ist frei erfunden.“
Er hege den „dringenden Verdacht“, dass eine „Interessenkollision“ der Grund dafür ist, dass die rechten Farbschmierer noch nicht gefasst sind. Die Abteilung Staatsschutz sei auch für die Ermittlungen in Sachen Farbanschläge zuständig. Der Polizeibeamte, der den vorletzten Farbanschlag am Tatort aufnahm, habe ihn wenige Wochen später wegen jener angeblichen „gefährlichen Körperverletzung“ vernehmen wollen.
„Es ermitteln also Leute gegen neofaschistische Straftäter, die offensichtlich keine Gelegenheit auslassen, mir Steine in den Weg zu legen. Also zumindest mich wundert es da nicht, dass die Täter noch frei rumlaufen können“, sagte Denzinger. Dennoch sei er überzeugt, „dass nicht alle Polizeibeamte einen schlechten Job machen. Aber es reicht bereits, dass es offenbar Sympathisanten von Neonazis in Polizeikreisen gibt“.
Er werde sich „durch nichts und niemanden einschüchtern lassen. Weder durch Neonazis, noch durch Polizeirepressionen“, kündigte Denzinger an. Jeder Angriff auf seine Kollegen, ihn selbst oder sein Eigentum werde nur dazu führen, dass er seiner Arbeit noch überzeugter nachgehen werde.
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Die Rede von Zusammen gegen Rechts im Wortlaut:
„Liebe Rudersbergerinnen und Rudersberger,
Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten,
der nun mehr vierte Farbanschlag auf den Journalisten und Herausgeber der Beobachter News, Alfred Denzinger, erfordert von uns ein noch entschlosseneres und effektiveres Vorgehen gegen Rassismus und rechte Hetze. Diese bilden nämlich den Nährboden für faschistische Aktionen. Rassismus und rechte Hetze schaffen ein gesellschaftliches Klima, in dem sich Faschisten ermutigt fühlen, Gewalt gegen Migrantinnen und Migranten, Journalistinnen und Journalisten, Linke und alle anderen, die nicht in ihr krudes Weltbild passen.
Wir sind längst an einem Punkt der gesellschaftlichen Entwicklung gelangt, an dem der Kampf gegen Rechts noch dringender und notwendiger ist. Jeder und Jede, der oder die gegen Rechts aktiv ist, hat mit Sicherheit schon einmal gesagt bekommen: „Das ist schon alles ziemlich schlimm, was die Rechten machen, aber wenn man ihnen zu viel Aufmerksamkeit schenkt, macht sie das nur stärker!“ Solchen Ansichten müssen wir entschieden widersprochen!
Verharmlosung und Vertuschung ermutigt die Faschisten zur Steigerung ihrer Angriffe.
Ein Problem löst sich nicht, indem man es ignoriert, das ist eine Binsenweisheit. Vor allem löst Wegschauen keine Probleme, die reale Hintergründe haben. Die Unzufriedenheit der Menschen, die seit Jahren mit ansehen müssen, wie soziale Sicherungssysteme abgebaut werden, die Wohnungen immer teurer werden, die Rente nicht reicht oder man zwei Jobs braucht um über die Runden zukommen, das ist Realität in Deutschland und auch hier im Rems-Murr-Kreis!
Unter anderem durch Geldspenden aus finanzkräftigen Kreisen haben es die Rechten geschafft, ihr Medienangebot hochzurüsten und damit die Wut über die Probleme in unserer Gesellschaft zu kanalisieren und auf die zu lenken, die nicht im geringsten dafür verantwortlich sind: Geflüchtete. Es ist ein alter Trick von Menschen wie Baron von Finck, rechte Organisationen finanziell zu fördern. Sie machen das nicht ohne Hintergedanken – Faschisten und andere Rechte wurden immer gegen die Organisationen der ArbeiterInnen-Bewegung eingesetzt, um sie an der Überwindung des Kapitalismus zu hindern.
Mittlerweile, und das hat das Jahr 2018 gezeigt, machen die Rechten auch ganz andere Sachen: Im rechten Spektrum findet ein Zusammenschluss statt der sehr gefährlich ist. Was in Kandel, einer rheinland-pfälzischen Kleinstadt begann, zeigte sich in aller Deutlichkeit in Chemnitz: marodierende faschistische Banden marschierten Seite mit der PEGIDA und AfD-Prominenz. So wurde systematisch eine Stimmung und ein Umfeld geschaffen, wo offen faschistische Parolen gegrölt und der Hitlergruß gezeigt werden konnten.
Nicht lange nach den Krawallen und Hetzjagden in Chemnitz wurde ein Netzwerk bewaffneter Faschisten in der Bundeswehr öffentlich, die sich auf den Tag X vorbereiteten. Vor wenigen Tagen berichtete die Hessenschau über fünf Polizisten in Frankfurt, die sich per Messenger Hitlerbilder und Hakenkreuze schickten. Und hier im Rems-Murr-Kreis unternimmt der Staatsschutz einen feuchten Kehricht gegen die seit zwei Jahren andauernden Schmierereien und Farbanschläge auf den Journalisten Alfred Denzinger. Angesichts dieser Zustände, liebe Freundinnen und Freunde, dürfen wir uns nicht nur gegen die rechten Scharfmacher von AfD & Co. stellen. Wir müssen auch anprangern, wenn beispielsweise bei unserer Kundgebung „Für eine Welt ohne Rassismus“ in Backnang mehrere Staatsschutzstreifen in Zivil unsere Kundgebung fotografieren, abfilmen und Teilnehmer durch Kontrollen einschüchtern wollen!
Wir ziehen daraus die Konsequenz selbst aktiv zu werden: Wir gehen bei rechten Kundgebungen und Demonstrationen auf die Straße und konfrontieren die Rechten mit unserem Protest. Wir zeigen den Betroffenen von rechter Gewalt unsere Solidarität und wehren Krimalisierungsversuche seitens der Polizei entschieden ab. Der Kampf gegen Rechts ist noch dringender und notwendiger geworden. Das machen wir klar, wenn wir mit Freundinnen, Kollegen oder Nachbarinnen und Nachbarn über das Thema reden. Deshalb stehen wir heute hier in Rudersberg auf der Straße – kein Freiraum für Faschisten, weder in Rudersberg noch anderswo!
Am Ende meiner Rede möchte ich folgendes bekräftigen: Faschismus und rechte Gewalt werden nicht von alleine aufhören. Wir haben es allerdings in der Hand, dies zu ändern. Informiert euch, werdet aktiv und legt den Rechten das Handwerk!“
Die Rede von Alfred Denzinger im Wortlaut:
Mein Name ist Alfred Denzinger. Ich bin der Herausgeber und verantwortliche Redakteur des Online-Magazins Beobachter News. Wir berichten seit acht Jahren über Demonstrationen, Gerichtsverhandlungen mit politischem Hintergrund und über sonstige politische Veranstaltungen und Ereignisse.
Insbesondere haben wir Neonaziaktivitäten und das Verhalten der Polizei bei Demonstrationen im Visier. Dieser Schwerpunkt unserer Arbeit löste wohl die Anschlagserie auf mein Haus und meinen Wagen aus.
In den letzten beiden Jahren wurde ich viermal zum Ziel von Farbanschlägen aus der Neonaziszene. Eine Gruppierung die sich als „ANRM“ betitelt steckt mutmaßlich hinter den Anschlägen. „ANRM“ steht für „Autonome Nationalisten Rems-Murr“.
Wer steckt hinter diesem Kürzel? Wie treten diese Kriminellen sonst noch in Erscheinung? Wer sind ihre Hintermänner und Anstifter? Warum wurden die Täter noch nicht gefasst?
Nach unseren Recherchen versteckt sich hinter dem Kürzel „ANRM“ offenbar eine kriminelle Vereinigung, die nichts anderes unternimmt, als Sachbeschädigungen zu begehen und verbotene verfassungsfeindliche Symbole und Drohungen zu schmieren. Zumindest ist sie bisher nie anderweitig politisch in Erscheinung getreten. Somit scheint ihr einziges Ziel darin zu liegen, politische Gegner und unbequeme Journalisten einzuschüchtern. Dies jedoch ohne jeden sichtbaren Erfolg.
Die „ANRM“ ist mutmaßlich für zahlreiche Farbschmierereien im Rems-Murr-Kreis verantwortlich und hinterlässt an den Tatorten gerne ihr Kürzel. Es handelt es sich vermutlich um eine Kleinstgruppe von drei bis fünf jungen Männern aus dem Backnanger Raum im Alter zwischen 20 und 30 Jahren.
Hintermänner und Anstifter
Diese kriminelle Vereinigung wird durch „geistige Brandstifter“ angefeuert. Dabei gibt es zwei Hauptakteure, aber auch weitere faschistische Anheizer.
Die AfD macht gerne Stimmung gegen die Beobachter News und meine Person. Das reicht von einer Anzeige gegen mich, bis hin zu völlig absurden parlamentarischen Anfragen zu den Beobachter News und mich persönlich. Nie konnten sie einen direkten tatsächlichen Erfolg gegen mich verbuchen. Aber die Aufmerksamkeit ihrer Anhänger und von weiteren Neonazistrukturen war ihnen dennoch sicher.
Ein weiterer geistiger Brandstifter ist der Anführer von „Fellbach wehrt sich“. Dieser Neonazi aus Fellbach hetzt seit Jahren öffentlich gegen mich und die Beobachter News. Er verbreitet Fotos von meiner Person im Internet. Er betitelt mich als „Terrorist“ und benennt die Redaktionsräume der Beobachter News in Schlechtbach als „Terrorzentrale“. Er veröffentlicht neben meinem Namen auch die Adresse der Redaktion UND meine Privatanschrift. Die Aktivitäten dieses Fellbacher Neonaziaktivisten sind für mich die Hauptauslöser der Anschläge auf mich.
Seine Behauptungen sind frei erfunden. Erfunden, um gegen mich zu hetzen.
Warum werden die Täter nicht gefasst?
Die Polizei spielt bei den Ereignissen keine unbedeutende Rolle. Durch unsere journalistische Tätigkeit wird von uns öfters grenzwertiges Verhalten von Polizeibeamten dokumentiert. Dadurch haben wir in Polizeikreisen nicht gerade einen besonders guten Ruf. Das geht bis zu körperlichen Angriffen von Polizisten auf unsere Reporter. Auch regelmäßiges „Wegschauen“ bei Übergriffen von Neonazis auf uns bei Demonstrationen gehört leider zu den Verhaltensweisen der Polizei. Auch die Weigerung, Anzeigen gegen Neonazis entgegenzunehmen gehört dazu.
Aber auch bei tatsächlich eingeleiteten Ermittlungen blieb es allerdings für die Täter ohne wirkliche Folgen. Denn spätestens die Staatsanwaltschaft stellte die Anzeigen gegen die Neonazis ein.
Damit aber nicht genug. Zu meiner Person sammelt die Polizei angebliche Straftaten die ich begangen haben soll in einer „internen“ Datensammlung. In dieser Lügendatei tauchten Vorwürfe auf, die so haarsträubend sind, dass ein Journalist der WKZ in seinem Beitrag hierzu fragte: „Haben die noch alle rechtsstaatlichen Tassen im Schrank?“
Die erfundenen Straftaten reichen von Sachbeschädigung und Widerstand gegen Vollzugsbeamte, bis hin zu „gefährlicher Körperverletzung“. Eine vollständige Aufzählung erspare ich euch, denn so viel Zeit haben wir nicht. Nichts von all dem entspricht der Wahrheit! Eine rechtsstaatliche Prüfung ist nicht vorgesehen. Eine Unschuldsvermutung gibt es nicht. Die Polizei kann hier machen, was sie will.
Mit diesen Einträgen wird versucht, mir meine Berichterstattung zu erschweren, beziehungsweise sie unmöglich zu machen. So auch geschehen im Sommer 2017, als ich von der Berichterstattung über den G20-Gipfel in Hamburg auf Veranlassung des Bundeskriminalamts ausgeschlossen wurde. Meine Klage dagegen läuft vor dem Verwaltungsgericht Berlin. Ein Verhandlungstermin ist nicht in Sicht.
Wer ermittelt gegen die Täter?
Das ist eine entscheidende Frage, wenn man eine Antwort auf die Frage haben will, warum die Täter noch nicht gefasst sind. Es besteht für mich der dringende Verdacht, dass es sich schlicht um eine „Interessenkollision“ handelt. Denn die Abteilung Staatsschutz, die für die Ermittlungen in Sachen Farbanschläge zuständig ist, ist auch die Abteilung, die mir unter anderem den schwerwiegenden Vorwurf „gefährliche Körperverletzung“ in die Akte geschrieben hat. Der Polizeibeamte, der den vorletzten Farbanschlag auf mich am Tatort aufnahm, wollte mich wenige Wochen später wegen einer „gefährlichen Körperverletzung“ vernehmen. Ein wirklich schwerer Vorwurf. Es gab aber keine vorzuweisende verletzte Person. Es gab auch keine Anzeige wegen einer Körperverletzung. Dieser Vorwurf ist frei erfunden!
Es ermitteln also Leute gegen neofaschistische Straftäter, die offensichtlich keine Gelegenheit auslassen, mir Steine in den Weg zu legen. Also zumindest mich wundert es da nicht, dass die Täter noch frei rumlaufen können.
Ich möchte es aber an dieser Stelle nicht versäumen zu erwähnen, dass ich davon überzeugt bin, dass nicht alle Polizeibeamte einen schlechten Job machen. Aber es reicht bereits, dass es offenbar Sympathisanten von Neonazis in Polizeikreisen gibt.
Schlusswort
Ich bedanke mich bei euch allen für eure Solidarität und euer Interesse.
Den Leserinnen und Lesern der Beobachter News kann ich eins versichern:
Ich werde mich durch nichts und niemanden einschüchtern lassen. Weder durch Neonazis, noch durch Polizeirepressionen. Jeder Angriff auf meine Kolleginnen und Kollegen, jeder Angriff auf mich oder mein Eigentum, wird nur eines zur Folge haben: Ich werde noch überzeugter meiner Arbeit nachgehen.
In diesem Sinne:
Man sieht sich… auf der Straße!
Solidaritätserklärung
„Solidaritätserklärung für den attackierten Journalisten Alfred Denzinger
In der Nacht vom 24. Auf den 25. November kam es wiederholt zu einem Farbanschlag einer kriminellen, faschistischen Bande auf das Haus und Auto des Journalisten und Herausgeber der „Beobachter News“, Alfred Denzinger, in Rudersberg-Schlechtbach. Es ist nicht das erste Mal, dass Denzinger von Neonazis angegriffen wird – allein sein Haus und Auto wurden bereits vier Mal mit Farbe attackiert, um ihn von seiner Berichterstattung abzuhalten. Auch auf Kundgebungen und Demonstrationen kommt es immer wieder zu Übergriffen von Rechten, die eine freie Berichterstattung verhindern wollen.
Mit der systematischen Diskreditierung von JournalistInnen durch rechte Akteure, fühlen sich Faschisten zu Attacken gegen die freie Presse ermutigt. Solche Zustände dürfen auf keinen Fall toleriert, sondern ihnen muss entschlossen entgegengetreten werden. Journalistische Recherche, sorgfältige und kritische Berichterstattung sind ein unverzichtbarer Grundpfeiler einer demokratischen Gesellschaft. Wir erklären uns daher solidarisch mit Alfred Denzinger und möchten ihn dazu ermutigen, mit seiner wertvollen journalistischen Arbeit fortzufahren.
Wir appellieren daher an alle Organisationen oder Einzelpersonen, egal ob antifaschistische Gruppen, linke Parteien, Gewerkschaften, Sportvereine, die Nachbarschaft oder sonstige Institutionen des Gemeindelebens: Ein Angriff auf einen Journalisten ist ein Angriff auf uns alle. Schließt euch unserer Solidaritätserklärung an, verbreitet diese und lasst uns gemeinsam ein starkes Zeichen der Solidarität an Alfred Denzinger senden.
UnterzeichnerInnen:
Amnesty International Waiblingen
Antifa Trier
Antifaschistische Aktion Südpfalz
Antifaschistisches Aktionsbündnis Stuttgart
Antifaschistische Jugend 76
Antifaschistische Linke (Antiautoritäre) Rems-Murr
Arbeitskreis Stuttgart 21 überall
Attac Fellbach
BinMalWeg e.V.
Blockade Saar
Bündnis 90/Die Grünen OV Backnanger Bucht
BürgerInnen Parlament (Orga)
Demobeobachtung Südwest
DGB Ortsverband Fellbach
DGB Rems-Murr
Die Linke Kernen-Fellbach
Die Linke Rems-Murr
Die PARTEI Karlsruhe
DKP Rems-Murr
Frauenverband Courage Waiblingen
Freundeskreis Alassa
Heidelberg gegen Rassismus
IG Metall Rems-Murr
IG Metall Jugend Ludwigsburg/Waiblingen
Initiativgruppe 40 Jahre Radikalenerlass
Initiative Rems-Murr nazifrei!
linksjugend[‘solid] Rems-Murr
linksjugend[’solid] Ludwigsburg
Jusos Rems-Murr
Kobanê Solidarität Stuttgart
Kurfürstlich Kurpfälzische Antifa
Männer*bündnis Kandel
MLPD Ludwigsburg/Rems-Murr
Offenes Antifaschistisches Treffen Landau i. d. Pfalz
Offenes Antifaschistisches Treffen Rems-Murr
ÖkoLinx – ARL Ludwigsburg
Ökologische Linke Stuttgart/Schwäbisch Gmünd
Solidarität International e.V. Ortsgruppe Stuttgart
Unabhängiger Freundeskreis Asyl Murrhardt
VVN-BdA Rems-Murr
Zusammen Kämpfen [Stuttgart]“
und weitere 95 Einzelpersonen.
Die Solidaritätserklärung kann hier unterzeichnet werden.
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