Von Sahra Barkini – Stuttgart. Etwa 80 Menschen versammelten sich am Donnerstag, 22. Juli, auf dem Stuttgarter Schlossplatz, um gegen das kalte Parteiverbot der DKP zu protestieren. Nach Beschluss des Bundeswahlausschusses wurde die Partei nicht zur Bundestagswahl im September zugelassen. Als offizielle Begründung wird angegeben, dass die Rechenschaftsberichte nicht fristgerecht eingereicht wurden. Eine Abgeordnete der Linken stimmte diesem Ausschluss zu. Einzig der Abgeordnete der Grünen stimmte dagegen. Bei der Stuttgarter Kundgebung kritisierten die Bundestagsabgeordnete der Linken Heike Hänsel in einer Grußbotschaft und Ursel Beck vom Ortsverband der Linken Bad Cannstatt das Abstimmungsverhalten der Vertreterin ihrer Partei aufs Schärfste. Inzwischen hat das Bundesverfassungsgericht den Wahlausschluss der DKP aufgehoben.
In unterschiedlichen Grußworten und Redebeiträgen wurde das nichtzulassen zur Wahl kritisiert. Verdi Geschäftsführer Cuno Brune-Hägele betonte, dass der Verdi-Bezirk Stuttgart klar sage, die DKP müsse zur Wahl zugelassen werden, da sie Bestandteil der Republik sei. Zumal die sechs Jahre, in denen die Rechenschaftsberichte eingereicht werden müssen, noch nicht vorbei seien. Diese Frist ende erst Ende 2021.
Und weiter sagte er: „Insofern unterstellen wir an dieser Stelle Absicht, wir unterstellen, dass es hier darum geht, eine kommunistische Partei der Bundesrepublik auf kaltem Wege zu verbieten. Auf kaltem Weg ihren Parteistatus zu eliminieren.“ Als Gewerkschafter müsse man dazu klar und deutlich „Nein“ sagen, da es schon genug Repression in diesem Land gebe. Als Beispiel nannte er den Versuch, der VVN-BdA oder Attac die Gemeinnützigkeit zu entziehen, oder die Bekämpfung der Tageszeitung Junge Welt. „Wer Vielfalt predigt, muss auch Marxisten ertragen – so einfach ist das. Sie sind Bestandteile der Republik.“ Auch Brune-Hägele kritisierte die Abstimmung im Wahlausschuss vor allem durch das Mitglied der Linken. Vielleicht brauche sie Nachhilfe in Politik und Gemeinschaftskunde: „Dieses Abstimmungsverhalten ist ein Skandal.“
Stadtrat Hannes Rockenbauch erklärte sich solidarisch mit der DKP, auch wenn er die Partei nicht wähle. Auch aus seiner Sicht reiht sich der Ausschluss von den Wahlen ein in eine ganze Reihe von Angriffen gegen linke Kräfte. Er sei deshalb kein Einzelfall.
Der DKP-Kandidat zur Bundestagswahl Björn Blach bedankte sich für die Solidarität aus dem In-und Ausland. Er sagte: „Wer nicht sehen möchte, welches Kalkül hinter dieser angeblichen Formalie steckt, ist schlecht gerüstet für die Verteidigung demokratischer Rechte in diesem Land.“ Mit diesem kalten Verbot der DKP werde „der reaktionäre Staatsumbau ausgeweitet“ auf die besonders vom Grundgesetz geschützten Parteien. Denn die DKP verliere dadurch nicht nur die Möglichkeit, an Wahlen teilzunehmen, sondern auch den Schutz als Partei verlieren.
Es hilft nur Solidarität
Nach den Angriffen auf VVN-BdA, Rote Hilfe, junge Welt und der Verschärfung der Polizeigesetze, der Einschränkung des Versammlungsrechts, der allgemeinen Repression – sie habe vor 15 Jahren in Stuttgart ihren Höhepunkt erreicht, als antifaschistische Symbole mit Hakenkreuzen gleichgesetzt und AntifaschistInnen für das Zeigen von durchgestrichenen Hakenkreuzen vor Gericht gezerrt wurden -, bedeute der jetzige Angriff auf die DKP einen direkten Angriff auf das Grundgesetz. Dass der Angriff auf die VVN-BdA und andere nicht gelang, sei der Solidarität zu verdanken. „Auch wenn wir mit unseren Kämpfen noch keine Mehrheit erreichen, ist diese Solidarität die Basis.“ Und weiter: „Die Kraft, die das Monopolkapital fürchtet. Sie ist die Basis der Kämpfe gegen den reaktionären Staatsumbau, gegen die Abwälzung der Krisenlasten auf die Arbeiterklasse.“
Ursel Beck nannte die Entscheidung des Bundeswahlausschusses, die DKP nicht zur Bundestagswahl zuzulassen, eine repressive Maßnahme gegen alle Linken. Deshalb sei es wichtig, dass alle Linken, unabhängig von politischen Differenzen, diese Entscheidung aufs Schärfste verurteilen. Sie sagte: „Die Entscheidung zeigt, dass der bürgerliche Staatsapparat vermehrt Anlässe konstruiert, um gegen Linke vorzugehen. Das ist meiner Meinung nach kein Zeichen von Stärke. Es ist eine Reaktion auf die immer tiefer werdende Legitimationskrise des kapitalistischen Systems und die dadurch entstandene Nervosität der herrschenden Klasse und ihres Staatsapparats.“ Jeder Anlass werde als Vorwand genutzt, um gegen Linke, AntifaschistInnen und AntirassistInnen vorzugehen. Weiter betonte sie: „Unser Ortsverband und die AKL sind entsetzt darüber, dass die Vertreterin der Linken im Bundeswahlausschuss der Nichtzulassung der DKP zugestimmt hat. Diese Zustimmung erfolgte nicht in unserem Namen, und wir erwarten, dass sich der Bundesvorstand der Linken für dieses Verhalten entschuldigt und sich für die Zulassung der DKP zur Bundestagswahl ausspricht.“
„Angriff mit politischer Sprengkraft“
Neben Solidaritätserklärungen des DGB und der Stuttgarter Waldheime sowie von der Betriebsgruppe Alternative bei Daimler Untertürkheim sprach auch ein Vertreter der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) auf der Kundgebung. Sie erklärte sich solidarisch mit der DKP. Ein Mitglied von Didf nannte die Begründung, mit der der DKP die Teilnahme an der Wahl verweigert wird, absurd. Es sei nicht nur ein formal juristischer Fehlgriff, sondern ein gezielter Angriff mit politischer Sprengkraft. Denn während der Staat bei Linken und fortschrittlichen Kräften sehr genau prüfe, sehe man, dass er auf dem rechten Auge blind sei. Das Verbot habe einzig das Ziel, den gemeinsamen Widerstand gegen Rassismus und Unterdrückung zu kriminalisieren, so der Redner.
Auch Dieter Lachenmaier von der VVN-BdA kritisierte das Vorgehen gegen die DKP. Für die VVN-BdA bleibe die DKP immer ein verlässlicher Bündnispartner im Kampf gegen Faschismus und Rassismus und für demokratische und soziale Rechte.
Die Bundestagsabgeordnete der Linken Heike Hänsel sandte eine Solidaritätserklärung, die verlesen wurde. Sie protestiere gegen den Versuch, die DKP mit bürokratischen Winkelzügen mundtot zu machen. Dass ausgerechnet eine Vertreterin der Linken diesem durchsichtigen Manöver im Ausschuss zustimmte, nannte Hänsel „beschämend und inakzeptabel“. Dies dürfe nicht still hingenommen werden. Die DKP benötige Unterstützung und Solidarität beim Gang vor das Bundesverfassungsgericht. Ein Ausschluss von der Wahl müsse verhindert werden. Hänsels Erklärung endete mit einem Zitat von Thomas Mann: „Antikommunismus ist die Grundtorheit unserer Epoche.“
Update:
Klarer Erfolg der DKP: Kaltes Parteiverbot gerichtlich abgewendet
Am 27. Juli wurde bekannt, dass die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) doch an der im September stattfindenden Bundestagswahl teilnehmen kann. Das Bundesverfassungsgericht hat die Entscheidung des Bundeswahlausschusses aufgehoben. Damit weist das Gericht den Angriff auf die DKP entschieden zurück.
„Wir freuen uns mit der DKP über die klare Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das der Nichtanerkennungsbeschwerde und Argumentation der DKP folgte, und gratulieren ihr zu diesem Erfolg im Kampf gegen das kalte Verbot“, erklärte Anja Sommerfeld vom Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V. „Wir wenden uns entschieden gegen die miesen Tricks, mit denen die staatlichen Repressionsorgane ihren klassischen Maßnahmenkatalog zu erweitern versuchen, und stehen solidarisch an der Seite aller betroffenen Organisationen.“
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